Viele Arbeitnehmer fragen sich, was die beiden zusätzlichen „Ruhetage“ Ostern 2021 bedeuten. In manchen Beiträgen im Netz ist zu lesen, dass die Ruhetage arbeitsrechtlich wie Feiertage zu behandeln seien. Das dürfte allerdings Wunschdenken sein.
Inhaltsverzeichnis
Gründonnerstag und Ostersamstag sind Ruhetage
Nach dem Willen der Bundeskanzlerin und der Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten sollen alle Ostern zuhause bleiben. Deshalb wurde beschlossen, dass Gründonnerstag und Ostersamstag „Ruhetage“ sein sollen. Das bedeutet zunächst einmal, dass an diesen Tagen alle Geschäfte und Dienstleister, die im Zuge der Lockerungen öffnen durften, unabhängig von der Inzidenz, geschlossen bleiben. Also auch Friseure, die selbst von einer Notbremse nicht betroffen wären. Lediglich der reine Lebensmittelhandeln darf am Samstag öffnen.
Ruhetag ist kein Feiertag
Ein Ruhetag ist kein Feiertag. An einem Feiertag haben nämlich alle Arbeitnehmer – bis auf wenige Ausnahmen wie Polizei, Krankenhaus und ähnlich wichtige Bereiche – frei, so ist es gesetzlich geregelt. Gründonnerstag und Ostersamstag sind vielmehr ganz normale Wochen- und Arbeitstage, die nicht dem Feiertagsgesetz des jeweiligen Landes unterfallen. Übrigens auch der Ostersonntag (ausser in Brandenburg), das war aber schon immer so. Gründonnerstag und Ostersamstag sind auch 2021 nach den Corona-Beschlüssen vom 23.3.2021 weiterhin keine „gesetzlichen Feiertage“. Die einzelnen Feiertage sind zB im Feiertagsgesetz NRW ausdrücklich aufgezählt; bis Ostern kann (und wird) das Gesetz vom Landesgesetzgeber nicht mehr geändert werden können (schon gar nicht durch eine Verordnung).
Der Begriff „Ruhetag“ ist auch gar kein arbeitsrechtlicher Begriff, er kommt in keinem Arbeitsgesetz vor. Auch wenn Ministerpräsident Dietmar Woitke den Begriff im Arbeitsschutzgesetz vermutet.
Kein Feiertagszuschlag am Ruhetag
Auch wenn Söder es verspricht: Es wird keinen Feiertagszuschlag an den beiden Ruhetagen geben. Der Grund ist simpel: Zuschläge sind selbst für Feiertage nicht im Gesetz vorgesehen (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 11.01.2006 – 5 AZR 97/05 *), sondern können sich nur aus Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen, betrieblicher Übung oder dem Arbeitsvertrag ergeben. Diese kann aber Herr Söder oder ein anderer MP und auch Frau Merkel nicht ändern. Hier wird Arbeitnehmern leider wieder aufgrund von Unkenntnis der Sach- und Rechtslage zu viel versprochen …
* Für Arbeitnehmer existiert
(BAG, Urteil vom 11. Januar 2006 – 5 AZR 97/05 –, Rn. 12, juris)
„kein Anspruch auf einen gesetzlichen Sonn- und Feiertagszuschlag. Vielmehr hat der Arbeitnehmer bei Sonn- und Feiertagsarbeit nach § 11 Abs. 3 ArbZG einen Anspruch auf einen Ersatzruhetag. Hierdurch soll aus Gründen des Arbeitsschutzes ein Ausgleich für Sonn- und Feiertagsarbeit erfolgen (BT-Drucks. 12/5888 S. 30) .„
Homeoffice und Arbeit trotz Ruhetag
Wer im Homeoffice arbeitet, soll auch an den beiden „Ruhetagen“ weiterarbeiten dürfen und wird es wohl auch müssen. Sinn der Regelung ist die Kontaktbeschränkung, die im Homeoffice ohnehin gegeben ist.
Aber auch in Produktionsbetrieben und Verwaltungen bedeuteten die Ruhetage keine zwingende Einschränkung wie ein Feiertag. Geschlossen werden an diesen beiden Tagen nämlich nur Geschäfte und Dienstleistungen, also vor allem jene, die von der letzten Lockerung profitiert haben. In Büros und Fabriken wird – wenn an diesen beiden Tagen normalerweise gearbeitet würde – auch 2021 weiter Arbeit geleistet.
Allerdings hat die Politik inzwischen bemerkt, dass es nicht ganz so einfach mit der „Ruhe“ an Ostern ist. Kretschmann will das irgendwie wie an Feiertagen regeln, gewollt war scheinbar doch, dass alle Betriebe ruhen (bis auf die die ohnehin immer an Feiertagen busy sind). Es ist daher wahrscheinlich, dass ein Komplettlockdown geplant ist.
Wer „bezahlt“ den Ruhetag?
Grundsätzlich sind die Ruhetage Betriebsrisiko und damit vom Arbeitgeber zu tragen. Auch bisher haben Unternehmen – bis auf die staatlichen Not- und Soforthilfen oder Kurzarbeit – den Ausfall wegen coronabedingter Schließung selbst tragen müssen.
Arbeitnehmer müssen keinen Urlaub nehmen
Arbeitnehmer müssen also keinen Urlaub nehmen, weil der politisch verordnete Ruhetag Risiko des Unternehmens ist. Wenn Kurzarbeit besteht, bleibt natürlich auch an diesen Tagen alles wie gehabt.
Beantragter Urlaub wird wieder gutgeschrieben
Eine gute Nachricht gibt es jedenfalls für Arbeitnehmer, die für Gründonnerstag und Ostersamstag Urlaub beantragt und genehmigt bekommen haben. Die Urlaubstage, die wegen der Ruhetage nicht genommen werden können und daher nicht müssen, sind dem Urlaubskonto wieder gutzuschreiben.
Sinn oder Unsinn der Ruhetage?
Ob es Sinn macht, die ohnehin starken Einkaufstage vor Feiertagen auf einen Tag zu konzentrieren, dürfte mehr als zweifelhaft sein. Vor wenigen Monaten noch wurde zur epidemologischen Entzerrung darüber nachgedacht, die Öffnungszeiten des Einzelhandels auszudehnen. Jetzt werden wir Ostersamstag erleben, dass Abstand im Einzelhandel ein frommer Wunsch bleibt. Aldi sagt bereits eine (allerdings leicht vorhersehbare) „Verdichtung“ am Mittwoch und Samstag beim Einkauf voraus. Dafür fallen dann die Ostermessen aus. Wie sehr die Politik mit panischen Schnellschüssen arbeitet, zeigt der Wirrwarr um die „Ruhetage“ exemplarisch. Ein Konzept ist nicht erkennbar, im Gegenteil, man weiß nicht einmal was man beschließt. Im Laufe des Tages kommen nun auch noch Versprechen (Feiertagszuschlag) hinzu, die nicht zu halten sind.
Update: Die Tagesschau berichtet ebenfalls, dass die Politik noch nicht weiß, wie sie die Versprechen umsetzen kann und ist ebenfalls skeptisch. Es wäre ein rechtstechnisches Wunder, wenn alle Länder ihre Feiertagsgesetze binnen einer Woche entsprechend ändern würden. Der nächste Kommunikationsgau ist bereits offenkundig.
Update: Die Politik hat eingesehen dass es ein nicht durchdachter Schnellschuß war. Kann passieren, sollte aber nicht. Insbesondere weil es ein weiterer peinlicher Fehler beim Management der Pandemie ist.