Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hat sich mit Beschluss vom 07.05.2007 – Az.: 2 LA 410/05 – mit der Überprüfbarkeit einer Klausurbewertung und der Relevanz von Konzeptblätter im ersten juristischen Staatsexamen beschäftigt.

Die Richter führten aus, dass sich die Zulässigkeit des Prüfungsstoffs nach den einschlägigen Vorgaben der maßgeblichen Prüfungsordnung richtet. Sofern die Prüfungsbehörde einen zulässigen Prüfungsstoff ausgewählt habe, unterliege die Frage, ob die Aufgabengestaltung einer Aufsichtsarbeit für die juristische Staatsprüfung geeignet sei, nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle. Die Erstellung der Aufgabe und die Auswahl von Prüfungsthemen beruhe ebenso wie die Bewertung der Prüfungsleistungen auf fachwissenschaftlich wie auch auf prüfungsspezifischen Gesichtspunkten. Daher sei der Prüfungsbehörde ein weiter Beurteilungs- und Gestaltungsspielraum einzuräumen mit der Folge, dass die Auswahl einer Aufgabengestaltung gerichtlich lediglich anhand der einschlägigen prüfungsrechtlichen Vorschriften und auf einen Verstoß gegen das Willkürverbot und den Grundsatz der Chancengleichheit, nicht jedoch auf die sonstige Zweckmäßigkeit hin überprüft werden kann. Zudem dürften mit Blick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz die Leistungsanforderungen einer juristischen Staatsprüfung nicht außer Verhältnis zu den Anforderungen stehen, zu denen die Prüfung den Zugang eröffnen soll. Ein Klausursachverhalt erweise sich an den, aus der Gesetzessystematik sowie Sinn und Zweck der maßgeblichen Prüfungsnorm (hier: § 19 NJAVO a.F.) abgeleiteten Erwägungen gemessen, dann als einfach und nicht kompliziert, wenn er aus sich heraus verständlich, für den Prüfling innerhalb einer im Verhältnis zur Gesamtbearbeitungszeit überschaubaren Zeitrahmens erfassbar und auslegungsfähig sei. Die Aufgabenstellung einer Prüfungsklausur halte sich dann im Rahmen des § 19 Abs. 2 NJAVO a.F., wenn es dem Prüfling möglich sei, aufgrund der von ihm im Verlauf der Ausbildung erworbenen Fachkenntnisse innerhalb der vorgegebenen Bearbeitungszeit ohne weitere Hilfsmittel als den einschlägigen Gesetzestexten eine brauchbare Falllösung zu erarbeiten. Halte sich die Fallgestaltung im Rahmen der Prüfungsordnung und erweise sie sich auch sonst nicht als unverhältnismäßig sondern lösbar, so sei darüber hinaus kein Verstoß gegen das Gebot der Chancengleichheit und der fairen Behandlung der Prüflinge gegeben, weil eine oder mehrere Aufsichtsarbeiten in einem vorangegangenen Klausurmonat nach der Einschätzung eines Prüflings einen geringeren Schwierigkeitsgrad aufgewiesen haben könnten. Denn ein aus dem Grundsatz der Chancengleichheit abzuleitendes zwingendes Gebot, einen absolut einheitlichen Schwierigkeitsgrad bei der Aufgabenstellung aller Prüfungsarbeiten zu wahren, würde die für das Prüfungsverfahren erforderliche Gestaltungsfreiheit der Prüfungsbehörde wie auch der Prüfer unzulässig einengen.

Der Hinweis des Prüflings, das Verwaltungsgericht habe fehlerhaft eine Verpflichtung der Prüfer verneint, die ebenfalls mit der Bearbeitung abgegebenen Konzept- und Gliederungsblätter in die Bewertung einzubeziehen, begründet nach Ansicht der Richter keinen Bewertungsfehler. Angesichts dessen, dass die Konzeptaufzeichnungen eines Prüflings nur dessen vorläufige Überlegungen zur Lösung der Prüfungsaufgabe wiedergeben, hat das Verwaltungsgericht die Forderung der Prüflings, Konzeptblätter in die Bewertung einfließen zu lassen, nur dann als gerechtfertigt angesehen, wenn er dieses Begehren verdeutlicht habe. Diese Forderung nach einer eindeutigen und unmissverständlichen Äußerung des Prüflings rechtfertige sich insbesondere dann, wenn sich die in Konzeptblättern niedergelegten Überlegungen als fehlerhaft erweisen sollten und die Bewertung zusätzlich negativ beeinflussen könnten. Im vorliegenden Fall habe es an der gebotenen Kenntlichmachung des Willens zur Einbeziehung der Konzeptblätter gefehlt. Der Prüfling habe die Fallbearbeitung mit der Überschrift “ Gutachten“ und den durchnummerierten Seiten deutlich von den gesondert paginierten Seiten und als solche ausdrücklich beschriebenen Konzeptblättern getrennt und letztere daher nicht zum Bestandteil der Klausurlösung gemacht.

Fundstelle: Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 7.5.2007, Az.: 2 LA 410/05

Linda Krickau
Rechtsreferendarin
Kanzlei Felser

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