Das VG Lüneburg hat sich in seinem Urteil vom 11.09.2006 – 1 A 292/04 – mit Fragen der Beamten bzw. Soldatenhaftung befaßt. Im Beamten- und Soldatenrecht finden sich gesetzliche Schadenersatzregelungen, die einen Anspruch des Dienstherrn in der Regel begründen, wenn grob fahrlässiges oder vorsätzliches Verhalten vorliegt. Das VG äußert sich vor allem zu der Frage, wen die Beweislast bezüglich des Verschuldens trifft und zieht hierbei Parallelen zu arbeitsrechtlichen Bestimmungen im BGB.

Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Ein Feldjägerstreifenführer führte einem Kfz-Führer nachts eine Streifenfahrt durch. Aufgrund von Klappergeräuschen aus dem Kofferraum wurde angehalten, die Ausrüstung aus dem Kofferraum entladen und neu im Kofferraum verstaut. Der Fahrzeugführer leuchtete die Haltestelle vor Fortführung der Fahrt noch einmal ab. Am nächsten Tag wurde festgestellt, daß ein Unfallaufnahmekoffer abhanden gekommen war. Der Koffer war auf der sog. „kleinen Materialausgabeliste“ in die Materialverantwortung des Kfz-Führers übergeben worden.

Der Dienstherr nahm den Feldjägerstreifenführer per Bescheid auf Schadenersatz in Höhe von € 420,91 in Anspruch, indem er mit den Dienstbezügen aufrechnete.

Das VG Lüneburg gab der hiergegen gerichteten Klage statt. § 24 Soldatengesetz (SG) komme zwar als Grundlage für eine Inanspruchnahme in Betracht, weil hiernach ein Schadensersatzanspruch besteht, wenn ein Soldat vorsätzlich oder grob fahrlässig ihm obliegenden Pflichten verletzt und deswegen dem Dienstherrn, dessen Aufgaben er wahrgenommen hat, ein Schaden entsteht. Bei Dunkelheit könne das Unterlassen einer genauen Vollzähligkeitsprüfung beim Wiederbeladen des Kraftfahrzeugs durchaus einen Pflichtverstoß im Sinne des § 24 SG darstellen. Das VG Lüneburg sah allerdings das erforderliche Verschulden nicht gegeben. Es verwies darauf, daß es nicht allein Aufagbe des Klägers gewesen sei, eine Vollzähligkeitskontrolle durchzuführen, weil aufgrund der „kleinen Materialausgabeliste“ der Kfz-Führer vornehmlich dazu verpflichtet war, die Vollzähligkeit der wieder in den Kofferraum geladenen Ausrüstungsgegenstände zu überprüfen. Es sei damit nicht von der „alleinigen Obhut“ des Klägers und damit auch nicht von einem alleinigen Verschulden des Klägers auszugehen. Der Dienstherr habe zudem keine weiteren Umstände vorgetragen, aus denen sich ein besonderes Verschulden ergebe.

Das VG weist in der Entscheidung auch darauf hin, daß im Hinblick auf den Maßstab für den Entlastungsbeweis des Soldaten eine Analogie zu § 617 ff. BGB und vor allem § 619 a BGB gebildet werden könne. § 619 a BGB stelle im Arbeitsrecht eine Sondervorschrift zu § 280 BGB dar, die angemessen arbeitsrechtliche Besonderheiten berücksichtige. Demnach sei es Sache des Dienstherrn, das besondere Verschulden bei der Geltendmachung eines Schadenersatzanspruches darzulegen.

Fundtstelle: Urteil des VG Lüneburg vom 11.09.2006 – 1 A 292/04 –

Christian von Hopffgarten
Rechtsanwalt & Fachanwalt
für Arbeitsrecht
Rechtsanwälte Felser

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