Das Thema Doping im Leistungs- und Berufssport beherrscht angesichts der unerfreulichen jüngsten Ereignisse rund um die derzeitige Tour de France nicht nur die Medien und die öffentliche Meinung. Auch der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat sich kürzlich erneut mit dem Thema Doping im Sport befaßt und dabei eine frühere Entscheidung des EuGH vom 30.09.2004 – T-313/02 – aufgehoben. Dem nun veröffentlichen Urteil vom 18.07.2006 – C-519/04 P – lag – verkürzt folgender Sachverhalt zugrunde:

Zwei Langstreckenschwimmer hatten 1999 bei der WM in Brasilien die ersten beiden Plätze belegt. Hiernach wurden sie positiv auf Nandrolon getestet. Der internationale Schwimmverband (FINA), der sich insoweit an vom Internationalen Olympischen Kommitee (IOC) erlassenen Doping-Regelungen orientierte, sperrte die Berufssportler für vier Jahre.

Nach erfolgloser Anfechtung dieser Strafe ergaben wissenschaftliche Versuche, daß den zulässigen Schwellenwert überschreitende Nandrolon-Werte auch durch übermäßigem Genuß bestimmter Nahrungsmittel erreicht werden konnten. Das Sportschiedsgericht TAS reduzierte die Strafe in 2000 daher per Schiedsvereinbarung auf 2 Jahre.

Im Mai 2001 reichten die Athleten Beschwerde bei der EU-Kommission ein und rügten Verstöße der Doping-Regelungen gegen die Artikel 49, 81 und/oder 82 EG. Zur Begründung führten sie an, daß bestimmte, vom IOC erlassene und von der FINA angewendete Doping-Regelungen und Kontrollpraktiken mit den Gemeinschaftsregelungen über den Wettbewerb und die Dienstleistungsfreiheit nicht in Einklang zu bringen seien. Der vom IOC festgelegte Schwellenwert sei wissenschaftlich nicht begründbar. Er berge das Risiko des Ausschlusses unschuldiger oder nachlässiger Athleten. Die Wettbewerbswidrigkeit des Schwellenwerts ergebe sich daraus, daß das IOC ein System objektiver Verantwortlichkeit eingeführt habe. Hierbei habe das IOC mit der TAS eine Instanz mit der schiedsrichterlichen Entscheidung von Streitfällen im Bereich des Sports betraut, die vom IOC nicht völlig unabhängig sei. Die wirtschaftliche Freiheit und die Wettbewerbsfreiheit der Athleten sei hierdurch beeinträchtigt.

Die EU-Kommission wies die Beschwerde zurück. Die hiergegen gerichtete Klage wies der EuGH in erster Instanz mit Urteil vom 30.09.2004 – T-313/02 – zurück. Die Richter konzedierten, daß der Kampf gegen Doping für den einzelnen Sportler auch wirtschaftliche Auswirkungen haben kann. Der eigentliche Zweck des Sports sei aber nicht wirtschaftlich, sondern am Sportsgeist und der Gesundheit der Athleten orientiert. Es sei ausschließliche Aufgabe der Sportgremien und nicht der Politik, hierzu Regeln aufzustellen.

Der EuGH hat auch in der zweiten Instanz die Klagen der Schwimmer abgewiesen. Allerdings geschah dies nun unter Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung. Der EuGH hat festgestellt, dass die Ausübung des Sports unter das Gemeinschaftsrecht fällt, wenn sie zum Wirtschaftsleben im Sinne von Artikel 2 EG gehört. Wenn sportliche Betätigung Merkmale entgeltlicher Arbeits- oder Dienstleistung aufweist, sei sie durch Artikel 39 ff. EG oder die Artikel 49 ff. EG geschützt. Die Klage wurde u.a. dennoch abgewiesen, weil für die EU-Richter nicht feststand, daß die angegriffenen Doping-Regelungen unverhältnismäßig waren und sich die Kläger hierauf auch nicht erkannbar berufen hatten.

Die nationalen und internationalen Sportverbände werden sich künftig darauf einstellen müssen, daß die von Sportart zu Sportart teilweise ja stark divergierenden Doping-Regularien auch auch den Prüfstand des EuGH kommen werden.

Fundstelle:Urteil des EuGH vom 18.07.2006 – C-519/04 P –

Christian von Hopffgarten
Rechtsanwalt & Fachanwalt
für Arbeitsrecht
Rechtsanwälte Felser

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