Das Landessozialgericht Niedersachsen hat mit der jetzt veröffentlichten Entscheidung – Aktenzeichen 9 U 565/02 – entgegen der bisherigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes entschieden, dass für die Rückforderung einer als Vorschuss gezahlten Verletztenrente die strengeren Voraussetzungen des § 45 SGB X i.V.m. § 50 SGB X erfüllt sein müssen und nicht, wie der Versicherungsträger meint, lediglich die lockereren Voraussetzungen des § 42 Abs. 2 SGB I.
Hintergrund dieser zweitinstanzlichen Entscheidung ist ein Bescheid des Versicherungsträgers gegenüber der Verletzten, nach welchem sie wegen ihrer Erkrankung voraussichtlich ein Anspruch auf Verletztenrente zustehe. Der Versicherungsträger teilte weiter mit, dass die Höhe des Anspruchs auf Verletztenrente derzeit nicht feststehe, so dass eine Vorschusszahlung in Höhe von 15.000 DM erfolge. Dabei wies der Versicherungsträger darauf hin, dass Beträge, die die zustehenden Leistungen überschreiten, gem. § 42 Abs. 2 SGB I zurückzuzahlen sind.
Als sich später herausstellte, dass die Verletzte aufgrund des geringen MdE gar keinen Anspruch auf Zahlung von Verletztengeld hat, erließ der Versicherungsträger einen ablehnenden Bescheid und forderte den gezahlten Vorschuss nach § 42 Abs. 2 SGB I zurück.
Gegen den Ablehnungsbescheid und die Rückforderung des Vorschusses erhob die Erkrankte Klage. Das erstinstanzliche Sozialgericht Aurich wies die Klage ab. Gegen das erstinstanzliche Urteil legte die nunmehr Berufungsbeklagte Berufung ein. Das Landessozialgericht hat der Klage hinsichtlich der Rückforderung des gezahlten Vorschusses stattgegeben, da eine Rückforderung des gezahlten Vorschusses nur dann auf § 42 Abs. 2 SGB I gestützt werden könne – wie es der beklagte Versicherungsträger getan hat – wenn zwar eine „zuviel gezahlte Leistung“ vorliege, ein Teil der Leistung aber zu Recht erfolgt sei. § 42 Abs. 2 SGB I sei nicht Anspruchsgrundlage, wenn – wie hier – überhaupt kein Anspruch auf Leistung bestand habe.
Vielmehr sei dann der grundlegende Vorschussbescheid rechtswidrig, so dass nur unter Beachtung der im Vergleich zu § 42 Abs. 2 SGB I strengeren Vorschriften der §§ 45 SGB X i.V.m § 50 SGB X der Betrag zurückgefordert werden kann. Bei einer Rückforderung nach den strengeren Vorschriften des SGB X kann sich der Begünstigte auf Vertrauensschutz berufen, so dass Rückforderung durch den Versicherungsträger schwieriger ist. Darüberhinaus sind seitens des Versicherungsträgers Fristen zu beachten.
Das Bundessozialgericht vertrat zuletzt mit Urteil vom 29.05.1997 – Aktenzeichen 4 RA 46/96 – eine andere Auffassung, nach welcher in diesen Fällen § 42 Abs. 2 SGB I Anspruchsgrundlage für die Erstattung sei, wenn der Versicherungsträger dem Empfänger verdeutliche, dass es sich um eine einstweilige Entscheidung handele.
Aufgrund der uneinheitlichen Rechtsprechung bleibt nunmehr mit Spannung abzuwarten, ob das Bundessozialgericht die Entscheidung des Landessozialgerichtes Niedersachsen bestätigen wird. Für die Versicherungsträger erscheint es dann sinnvoll, den Bescheid unter Widerrufsvorbehalt nach § 32 SBG X zu erlassen, so dass eine einfachere Rückforderungsmöglichkeit besteht.
Hörstrup
Rechtsanwältin
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