und werden dadurch nicht befangen, entschied das Arbeitsgericht Siegen. Das Richter schon seit längerem das Internet für Recherchen nutzen, zeigt ein vom Arbeitsgericht Siegen entschiedener Kündigungsrechtsstreit. In dem vom Arbeitsgericht entschiedenen Fall hatte der Vorsitzende Richter in der Internetdatenbank Wikipedia recherchiert, um sich Informationen für die Entscheidung eines Rechtsstreits zu beschaffen. Das nahm der Kläger zum Anlaß, den Richter für „befangen“ zu erklären. Er war der Meinung, der Richter dürfe nicht selbst ermitteln, sondern müsse es schon den Parteien überlassen, in der Sache vorzutragen. Dem widersprach das Arbeitsgericht Siegen jedenfalls für die Internetrecherche:
„Die Recherche des Richters einer allgemein zugänglichen und zuverlässigen Quelle zur Unterrichtung über offenkundige Tatsachen stellt keinen Grund für die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit dar. Als allgemein zugängliche und zuverlässige Quelle kommen auch Datenbanken im Internet in Betracht. Eine Befangenheit des Richters, der eine bestimmte Tatsache als offenkundige in den Prozess einführt, scheidet aus, wenn er vertretbarerweise annimmt, dass die von ihm offengelegte Quelle tatsächlich die Kriterien erfüllt, die für eine Anwendung des § 291 ZPO notwendig sind.“

und weiter:

Grundlage für eine Befangenheit seien “ vor allem Verstöße gegen das Prinzip der Waffengleichheit und der Parteiöffentlichkeit und die „Vorentschiedenheit des Richters“, das heißt die vorzeitige Festlegung auf eine bestimmte Meinung (…) (Schwab/Weth/Kliemt, a. a. O., Zöller/Vollkommer, a. a. O.). Ein die Besorgnis der Befangenheit rechtfertigender Grund wäre danach anzunehmen, wenn ein Richter außerhalb eines förmliches Beweiserhebungsverfahrens mit unzulässigen Beweismitteln gezielt Sachverhaltserforschung unter Ausschaltung der Prozessbeteiligten betreibt (OVG Hamburg, Beschluss vom 22. Juni 1994 – Bs IV 70/94 = NJW 1994, S. 2779).“

Im Kündigungsschutzverfahren vor dem Arbeitsgericht Siegen hatte der Richter unter Nutzung von Wikipedia eine Behauptung des Klägers überprüft, die sich auf eine Telefonnummer (Auslandsvorwahl) bezog. Diese bestätigten den Vortrag des Klägers nicht. Beiden Parteien gab er danach Gelegenheit zur Stellungnahme. In diesem Fall könne von einseitigen Ermittlungen und Befangenheit icht die Rede sein. Das Ergebnis der Recherche hätte ausserdem auch für den Kläger günstig sein können, so dass eine Einseitigkeit nicht vorliege.

Quelle: Arbeitsgericht Siegen, Urteil vom 03.03.2006 – Aktenzeichen 3 Ca 1722/05, Volltext

Michael W. Felser
Rechtsanwalt
Felser Rechtsanwälte und Fachanwälte

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