Welche Bedeutung die klare Vereinbarung einer Beamtenklausel in Berufsunfähigkeitsversicherungen von Beamten hat, wird wiederum an dem Urteil des BGH vom 07.03.2007 – IV ZR 133/06 – deutlich. Der BGH befaßt sich in der Entscheidung mit der Frage, ob bei einer Zusatzklausel, die an das Vorliegen von Berufs- oder Erwerbunfähigkeit im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung anknüpft, das Vorliegen einer Beamtenklausel angenommen werden kann, wenn der Versicherungsnehmer mitgeteilt hat, daß er Beamter ist. Die Entscheidung thematisiert aber auch Lesenswertes zu Fragen der Offenbarungspflichten im Bezug auf Vorerkrankungen und dem Rücktrittsrecht nach § 21 VVG.

Eine 1943 geborene Obermedizinalrätin erkrankte 1990 an einer Depression, so daß der Dienstherr Ende 1994 eine amtärztliche Untersuchung anordnete. Hiergegen für wehrte sich die Beamtin erfolgreich mit Widerpruch. Eine Depression bzw. Dienstunfähigkeit konnte nicht festgestellt werden.

Hiernach schloß die Beamtin Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherungen (BUZ), die bis Ende November 2005 und 2006 liefen, ab. Fragen der Versicherung nach Vorbeschwerden, medizinischen Behandlungen in den letzten 5 Jahren und stationären Heilbehandlungen in den letzten 10 Jahren beantworte sie mit „ja“ und wies auf eine seit 1992 ausgestandene Depression hin. Angaben zur amtärztlichen Untersuchung im Jahr 1994 machte sie nicht. Die Frage nach dem Bezug einer Rente oder ähnlichen Leistung verneinte sie.

Die Versicherungsscheine enthielten eine Klausel, wonach zum Nachweis einer Berufsunfähigkeit die Vorlage eines Rentenbescheides, wenn die Versicherte wegen ihres gesundheitlichen Zustandes nach den Regeln der gesetzlichen Rentenversicherung eine Berufs- oder Erwerbsunfähigkeitsrente zuerkannt wurde und sie zum Zeitpunkt des Eintritt der Berufsunfähigkeit eine Vollzeitbeschäftigung ausübte, genügen sollte.

Außerdem sollten die Besondere Bedingungen für die BUZ auf das Versicherungverhältnis Anwendung finden. Nach deren § 2 sollte vollständige Berufsunfähigkeit dann vorliegen, wenn die Beamtin wegen ärztlich nachweisbarer Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls vermutlich bleibend außerstande wäre, ihren Beruf oder eine andere Tätigkeit auszuüben, die sie aufgrund ihrer Kenntnisse und Fähigkeiten ausüben könnte und ihrer bisherigen Lebensstellung entsprächen. Außerdem sahen die Bedingungen einen Verzicht auf die Prüfung, ob die Versicherte eine andere Tätigkeit ausüben könnte, vor, wenn die Versicherte bei Eintritt der Berufsunfähigkeit das 55. Lebensjahr vollendet hätte und die restliche Versicherungs- oder Leistungsdauer der BUZ höchstens noch maximal 5 Jahre betragen würde.

Im Sommer 2002 kam es auf Betreiben des Dienstherrn zu einer weiteren psychiatrischen Begutachtung. Der Gutachter stellte eine jedenfalls eingeschränkte Dienstunfähigkeit fest. Zu Beginn des Jahres 2003 wurde amtsärztlich dann volle Dienstunfähigkeit attestiert und die Beamtin zum Sommer vorzeitig in den Ruhestand versetzt.

Als Ruheständlerin bezog die Beamtin Ruhestandsbezüge und eine Zusatzversorgung aus einer berufsständischen Versorgungseinrichtung. Außerdem beantragte sie Leitungen aus den BUZ.

Die Versicherung trat daraufhin von den Verträgen zurück und erklärte die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung. Sie warf der Beamtin vor, die Untersuchung im Jahr 1994 und eine vorübergehende Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit im Zeitraum Februar 1990 bis Mai 1992 verschwiegen zu haben.

Die Klage der Versicherungsnehmerin vor dem zuständigen LG blieb erfolglos, weil das Gericht den Vortrag der Klägerin zum Vorliegen bedingungsgemäßer Berufsunfähigkeit als unzureichend erachtete.

Mit der Berufung hatte die Klägerin hingegen Erfolg. Das OLG war der Aufassung, daß es im Hinblick auf das Vorliegen der bedingungsgemäßen Berufsunfähigkeit ausreichend sei, auf das Vorliegen der Dienstunfähigkeit abzustellen. Sie könne schon wegen der Versetzung in den Ruhestand ihren versicherten Beruf nicht mehr ausüben. Auch die ärztlichen Gutachten seien insoweit positiv ergiebig. Die im Vertrag enthaltene Klausel zur Vorlage eines Rentenbescheides finde auf die Klägerin keine Anwendung, weil diese in den Versicherungsverträgen mitgeteilt hatte, daß sie verbeamtet ist. Es sei daher davon auszugehen, daß mit dieser Klausel an sich die sog. Beamtenklausel vereinbart werden sollte, hier aber die „falsche“ Bezeichnung verwendet worden sei. Eine Veweisung auf eine andere Tätigkeit komme nicht Betracht, da die Klägerin damals zudem 59 Jahre alt gewesen war.

Es läge weder ein wirksamer Rücktritt von den Verträgen noch eine erfolgreiche Anfechtung vor. Entgegen der Aufassung der Versicherung sei die Klägerin im Zeitraum Februar 1990 bis Mai 1992 zwar dienstunfähig gewesen, aber nicht in den Ruhestand versetzt worden. Die amtsärzliche Untersuchung in 1994 habe die Klägerin nicht mitteilen, müssen, weil diese von dritter Seite veranlaßt worden war und zudem keine Dienstunfähigkeit ergeben hatte. Anzeichen für eine vorsätzliche Täuschung des Versicherers lägen nicht vor. Ein Rücktritt scheitere an § 21 VVG, weil der Versicherungsfall nicht auf die Depressionserkrankung sondern auf eine progrediente Demenzerkrankung zurückzuführen sei.

Der BGH schloß sich der Bewertung des OLG insoweit an, als dieses eine wirksame Anfechtung und – im Ergebnis – einen Rücktritts des Versicherers von den Verträgen ausschloß.

Der BGH wies allerdings darauf, daß die Klägerin aufgrund der weit gefaßten Frage nach Untersuchungen die Untersuchung im Jahr 1994 grundsätzlich hätte offenbaren müssen. Der Umfang der Offenbarungspflicht nach § 16 Abs. 1 VVG hat richte sich im Zweifel auf alle Umstände, nach denen der Versicherer explizit und schriftlich fragt, weil sich hieraus ergibt, was der Versicherer im Rahmen seiner Entschlußbildung, den Vertrag abzuschließen oder abzulehnen, als wesentlich erachtet. Ob die Untersuchung von einem Dritten veranlaßt wurde, habe auf die Offenbarungspflicht keine Auswirkung.

Der BGH lehnte aber gleichwohl einen Rücktritt vom Vertrag ab, weil die Klägerin nach seiner Auffassung die Anzeige der Untersuchung ohne Verschulden unterlassen habe. Da seinerzeit keine Erkrankung und keine Dienstunfähigkeit exploriert worden war, sei es nachvollziehbar gewesen, daß die Klägerin selbst zu der Erkenntnis gelangt sei, jedenfalls seit Mai 1992 an keiner Erkrankung mehr zu leiden. Im übrigen teilte der BGH die vorinstanzliche Auffassung, daß ein Rücktritt auch wegen § 21 VVG nicht in Betracht komme.

Im übrigen sei die Klägerin – durch Bescheingungen des Dienstherrn nachgewiesen – seinerzeit nicht vorübergehend in den Ruhestand versetzt worden. Der Umstand, daß sie in den Anträgen die Dienstunfähigkeit im beamtenrechtlichen Sinn nicht mitgeteilt hatte, gereiche ihr nicht zum Nachteil. Der Versicherer habe nach Erkrankungen gefragt und diese Frage habe die Klägerin beantwortet. Die Dienstunfähigkeit stelle nur die Folge der von der Klägerin offenbarten damaligen Erkrankung dar.

Alllerdings lehnte der BGH die Auffassung des OLG, die Klausel zur Vorlage eines Rentenbescheides könne nach den Grundsätzen einer „falsa demonstratio“ als Vereinbarung einer Beamtenklausel bewertet werden, ab. Die Abreden zwischen den Parteien und der Wortlaut der Klausel enthielten keine Anhaltspunkte dafür, daß einer Beamtenklausel vereinbart werden sollte. Auch die Klägerin habe sich hierauf nicht berufen.

Der Umstand, daß die Klägerin auf ihren Beamtenstatus hingewiesen hatte, führe auch nicht automatisch dazu, daß der Versicherer eine Beamtenklausel hätte aufnehmen müssen. Die Versicherung der Klägerin als „Angestellte“ sei für diese auch nicht sinnentleert, weil sie Mitglied in einer berufsständischen Versorgungseinreichtung war, die ihre Leistungen an den Bestimmungen der gesetzlichen Rentenversicherung orientiert. Mangels einer Versicherung als „Beamtin“ könne daher nicht auf den bloßen Umstand der Dienstunfähigkeit bei der Annahme einer Berufsunfähigkeit abgestellt werden.

Die Klägerin müsse demnach das Vorliegen der Berufunfähigkeit im klassischen Sinne – also ohne die Nachweiserleichterung bei Vereinbarung einer Beamtenklausel – darlegen. Dieser Obliegenheit sei sie bislang nicht nachgekommen, weil die insoweit in Bezug genommenen ärztlichen Befunde auf die Überprüfung der Dienstunfähigkeit im beamtenrechtlichen Sinn ausgerichtet waren. Dienstunfähgikeit im Sinne des Beamtenrechts könne aber mit den eigenständigen Rechtsbegriffen der Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit im Sinne des gesetzlichen Rentenversicherungsrechts nicht gleichgesetzt werden.

Der BGH weist in der Entscheidung allerdings auch darauf hin, daß die Klägerin dem Nachweis der Berufsunfähigkeit u.U. dadurch genügen könnte, daß sie den Bescheid über die Rente aus dem berufsständischen Versorgungswerk und die dort eingeholten Gutachten vorlegt. Das OLG müße sich nach Zurückverweisung der Sache mit der Frage befaßen, ob die Voraussetzungen der Zusatzklausel durch diesen Rentenbezug erfüllt sind. Das sei jedenfalls dann anzunehmen, wenn dieser Rentenbezug nach Maßgabe der Bestimmungen der gesetzlichen Rentenversicherung erfolgt.

Fundstelle: Urteil des BGH vom 07.03.2007 – IV ZR 133/06 –

Christian von Hopffgarten
Rechtsanwalt & Fachanwalt
für Arbeitsrecht
Rechtsanwälte Felser

http://www.beamtenklausel.de

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