Die Personalratswahl der Beschäftigten der Bundestagsfraktion der SPD ist von einem einzelnen Beschäftigten mit einem Wahlanfechtungsverfahren angegriffen worden. Zur Begründung berief der Mitarbeiter darauf, dass auf eine Fraktion im Deutschen Bundestag das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) anzuwenden sei; es müsse also anstelle der Personalratswahl eine Betriebsratswahl durchgeführt werden. Der Antrag des Beschäftigte richtete sich auf die Feststellung der Nichtigkeit der Personalratswahl, also nicht nur auf die Anfechtbarkeit.
Die 72. Kammer des Verwaltungsgerichts befand jedoch, dass die Wahl jedenfalls nicht in offensichtlicher Verkennung der Personalratsfähigkeit der Fraktion als „Dienststelle“ erfolgt sei. Die Frage, ob für die bei einer Bundestagsfraktion beschäftigten Hilfskräfte ein Personalrat oder ein Betriebsrat zu wählen sei, oder aber ob wegen der besonderen verfassungsrechtlichen Rechtsstellung einer Bundestagsfraktion sogar jede Art von Beschäftigtenvertretung mit der verfassungsrechtlichen Stellung der Fraktionen unvereinbar sei, lasse sich nicht eindeutig beantworten. Das Gericht hielt daher die Wahlanfechtung jedenfalls mit Blick auf eine Nichtigkeit nicht für begründet.
Bei den Bundestagsfraktionen herrscht kunterbuntes Durcheinander: Während die Mitarbeiter der Regierungsfraktionen jeweils einen Personalrat gewählt haben, haben sich die Beschäftigten von Bündnis 90/Die Grünen für einen Betriebsrat entschieden. Die Liberalen haben vermutlich Klassensprecher bestimmt ;-). Die LINKE müsste, den Worten ihres großen Vorsitzenden folgend noch ein Schüppchen drauflegen: „Deswegen fordert die LINKE eine echte paritätische Mitbestimmung, die den Beschäftigten Möglichkeiten zum Widerstand gibt.“ Das gilt natürlich auch für die MitarbeiterInnen der Partei.
Quelle: VG Berlin, Beschluß vom 30.09.2008 – VG 72 A 5.08, Pressemitteilung
Anmerkung: Die Anfechtbarkeit der Personalratswahl ist von der Nichtigkeit der Wahl zu unterscheiden, weil der Ausspruch der Nichtigkeit der Wahl durch das Gericht nur deklaratorische Wirkung hat. Eine Personalratswahl ist nur in den Ausnahmefällen nichtig, in denen sie an einem derart schweren und offenkundigen Fehler leidet, dass auch der Anschein einer dem Gesetz entsprechenden Wahl nicht mehr vorliegt. Voraussetzung ist, dass in eklatanter Weise und in großem Umfang gegen die Vorschriften des Personalvertretungsgesetzes und der Wahlordnung verstoßen wird. Anders als die Anfechtbarkeit kann sich auf die Nichtigkeit jedermann zu jeder Zeit und in jedem Stand des Verfahrens berufen. Weder die 14-tägige Anfechtungsfrist steht dem entgegen noch die ansonsten erforderliche Zahl von drei anfechtungsberechtigten Beschäftigten. So konnte hier ein einzelner Beschäftigter nach Ablauf der Anfechtungsfrist (nur) noch mit dem Argument der Nichtigkeit gegen die Wahl vorgehen.
Michael W. Felser
Rechtsanwalt
Felser Rechtsanwälte und Fachanwälte