200 Lokführer seien ausserdem abgemahnt worden, wird in der aktuellen Presse berichtet. In NRW hatte bereits ein Zugführer die ausserordentliche Kündigung erhalten, weil er am 3.7.2007, dem ersten Streiktag, einen Zug auf freier Strecke abgestellt hatte. Zwar sei keine Gefahr von dem Zug ausgegangen, aber er blockierte wohl die Strecke, so dass Umleitungen anderer Züge erforderlich waren. Der Mann ist arbeitslos und wartet auf seinen Arbeitsgerichtstermin im Dezember.

Die Bahn greift jetzt angesichts der Strafanzeigen gegen Mehldorn und andere Vorstände und Schadensersatzklagen durch. Die Strafanzeigen dürften zwar unbegründet sein; die Staatsanwaltschaft muss gleichwohl erst einmal die Rechtslage prüfen. Bei den gegen die Bahn erhobenen Schadensersatzklagen wegen Lohnabzügen verspätet zur Arbeit gekommener Bahnkunden könnte es aber eine Rolle spielen, ob die Bahn jedenfalls bei Exzessen entschlossen durchgegriffen hat und so den Bahnbetrieb trotz Streik weitestmöglich sichergestellt hat. Mehr muss die Bahn nicht tun, aber das dürfte wohl auch die Pflicht der Bahn sein.

Kündigungen und Abmahnungen wegen der Streikteilnahme an sich dürften unzulässig sein, selbst wenn der Streik am Ende durch das Bundesarbeitsgericht als Verstoß gegen die Tarifeinheit und die Friedenspflicht angesehen würde. Da die Rechtslage jedenfalls wegen des von der GdL erstrittenen Urteil des LAG Frankfurt aus 2003 nicht definitiv gegen den Streik spricht, würden arbeitsrechtliche Sanktionen letztlich das Streikrecht aushöhlen.

Allerdings kann die Bahn Streikexzesse abmahnen und bei gravierenden Verstößen mit erheblichen Folgen oder Gefahren auch mit einer Kündigung ahnden. Die nun angekündigten weiteren Kündigungen werden u.a. mit Notdiensten begründet, die die Lokführer missachtet haben sollen. Zwischen GdL und und Bahn konnte keine Einigung über Notdienstvereinbarungen erzielt werden, so das die Bahn die Notdienste einseitig festlegt.

Bei Streiks kommt es immer wieder zu individuellen Übertreibungen oder organisatorischen Missverständnissen, die dann arbeitsrechtliche Folgen und Schadensersatzforderungen nach sich ziehen können.

Im Regelfall vereinbaren die Tarifvertragsparteien nach einer Einigung ein Massreglungsverbot, nach dem Motto: „Schwamm drüber“. Ob dies im Fall des diesjährigen Bahnstreiks angesichts der Verhärtungen auch geschehen wird, ist allerdings ungewiss.

Michael W. Felser
Rechtsanwalt
Felser Rechtsanwälte und Fachanwälte

1 Kommentar

  1. ignatius
    23. Oktober 2007 13:05

    Geschätzter Herr Felser,

    sicher ist es stets ratsam, sich bei Voraussagen Zurückhaltung aufzuerlegen, denn bekanntlich hat man schon Pferde vor der Apotheke… …genau!

    Ob man so zurückhaltend sein muss, wie Sie in ihrem obigen EIntrag, erscheint mir allerdings fraglich.

    Zitat: “Ob dies im Fall des diesjährigen Bahnstreiks angesichts der Verhärtungen auch geschehen wird, ist allerdings ungewiss.”

    Herr Felser: Als Kenner der Szenerie wissen Sie doch genau, dass die GDL mit ihrem Streik auch organisationspolitische Interessen vertritt – nicht anders als die Ständeorganisation Marburger Bund dies getan hat. Und deshalb wird selbstverständlich die GDL keinen TV ohne Massregelungsverbot abschliessen, würde dies doch ihre organisationspolitischen Interessen konterkarieren. Denn: Nie wieder streikte jemand mit ihr, würde sie darauf verzichten.

    Oder sehen Sie dies ernsthaft anders?

    Freundliche Grüsse

    ignatius