Eigentlich war es ja klar. Die Überleitung der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes in das neue Tarifrecht ist mitbestimmungspflichtig, das hat jetzt das Bundesarbeitsgericht bestätigt (Bundesarbeitsgericht, Beschluß vom 22.04.2009 – 4 ABR 14/08).  Es wäre auch eine böse Überraschung für die Personalräte und Beschäftigten gewesen, wenn ausgerechnet die größte Eingruppierungsaktion im Nachkriegsdeutschland mitbestimmungsfrei – al gusto del padrone – über die Bühne gehen sollte. Wir hatten bereits in kritischer Anmerkung zum Beschluß des VG Mainz darauf hingewiesen, dass der Meinung, es gebe wegen der (angeblich) starren Zuordnung der alten Vergütungsgruppen zu den neuen Entgeltgruppen nichts mehr zu regeln, ein Denkfehler zugrundeliegt. Es geht nicht um ein Mitregeln, es geht um eine Richtigkeitskontrolle, eine Mitbeurteilung also.

Oder wie es das Bundesarbeitsgericht formuliert hat:

„Die Einordnung in die neue Vergütungsordnung des TVöD ist ein Akt der Rechtsanwendung, bei dem die Beteiligung des Betriebsrats die korrekte Anwendung der maßgebenden Vergütungsordnung gewährleisten soll.“

Die Rechtslage nach dem BPersVG oder den Landespersonalvertretungsgesetzen ist keine andere. Jetzt haben sich aber die ansonsten nicht immer so kreativen Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes die nächste Hürde ausgedacht. Die Mitbestimmungspflichtigkeit soll nur für die Zukunft gelten, die Vergangenheit sei abgeschlossen, so ein Bürgermeister aus dem Rheinland. Auch hier liegt wieder ein Denkfehler vor: Die bisherige mitbestimmungswidrige Zuordnung wird rechtlich so behandelt, als ob sie nicht erfolgt ist, sie ist nach der Rechtsprechung nachzuholen.

„Denn bei fortwirkenden, abänderbaren oder rückgängig zu machenden Maßnahmen hat — wenn die Verletzung eines Mitbestimmungsrechts rechtskräftig festgestellt ist — der Dienststellenleiter entweder die mitbestimmungspflichtige Maßnahme, wenn sie von ihm ohne das gebotene Beteiligungsverfahren getroffen worden ist, kraft einer objektiv-rechtlich bestehenden Verpflichtung wieder rückgängig zu machen oder aber das nachzuholende Mitbestimmungsverfahren unverzüglich einzuleiten. Das gilt bei einer Versetzung (vgl. BVerwG, Beschl. v. 16.9.1994, BVerwGE Bd. 96 S. 355, 357) und muß deshalb auch für die hier in Rede stehende Übertragung einer höher zu bewertenden Tätigkeit gelten (vgl. Beschl. d. Senats v. 8.8.1997 — OVG Bs PB 5/96 — zu § 76 Abs. 1 Nr. 3 BPersVG). Dafür, daß die Übertragung hier nicht wieder rückgängig gemacht werden könnte, ist nichts ersichtlich. „

Hamburgisches Oberverwaltungsgericht Fachsenat für Personalvertretungssachen, Beschluß vom 05.03.1999 – Aktenzeichen 7 Bf 107/98.PVB

Individualrechtlich ist eine fehlerhafte niedrige Eingruppierung als den Beschäftigten belastende Maßnahme nach der Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung ohnehin  unwirksam.

Quelle: Bundesarbeitsgericht, Beschluß vom 22.04.2009 – 4 ABR 14/08

Michael W. Felser
Rechtsanwalt
Felser Rechtsanwälte und Fachanwälte

Kommentierungsfunktion ist momentan abgeschaltet.