Von Verbaucherverbänden war mit Spannung das für den 16.08.2006 angekündigte Urteil des Bundesgerichtshofes erwartet, mit welchem der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat zu der interessanten Frage Stellung nehmen sollte, ob dem Verkäufer bei Ersatzlieferung aufgrund Mangelhaftigkeit des Kaufgegenstandes einen Anspruch auf Vergütung für die Nutzung zustehe.

Dabei hatte eine Kundin bei einem Versandhandel ein „Herd-Set“ gekauft, welches im August 2002 geliefert wurde. Im Januar 2004 löste sich die Emailleschicht im Backofen. Da dieser Mangel durch eine Reparatur nicht behoben werden konnte, tauschte die Beklagte das Gerät aus und verlangte für die Dauer der Nutzung eine Nutzungsentschädigung von der Kundin, welche die Kundin zahlte.

Der in diesem Verfahren klagende Verbraucherverband war mit der Geltendmachung der Nutzungsentschädigung durch die Beklagte gar nicht einverstanden und erhob Klage auf Rückzahlung und Unterlassung im Hinblick auf die Geltendmachung zukünftiger Nutzungsentschädigungen bei Ersatzlieferung.

Da schon lange Zeit umstritten ist, ob ein derartiger Nutzungsentschädigungsanspruch des Verkäufers zulässig ist, wurde das Urteil des BGH mit Spannung erwartet.

Der VIII. Zivilsenat entschied jedoch zunächst nicht über die Frage der Zulässigkeit der Nutzungsentschädigung, sondern setzt das Verfahren aus und legt dem Europäischen Gerichtshof die Frage zur Vorabentscheidung vor, ob § 439 Abs. 4 BGB mit Europäischem Gemeinschafrsrecht vereinbar ist.

Nach § 439 Abs. 4 BGB kann ein Verkäufer, der zum Zwecke der Nacherfüllung eine mangelfreie Sache liefert, vom Käufer Rückgewähr der mangelhaften Sache und die Herausgabe der gezogenen Nutzungen, die der Käufer bis zur Rückgabe gezogen hat, verlangen. Insoweit verweist Absatz 4 in die Vorschriften zum Rücktritt und dem darin enthaltenen, ausdrücklich erwähnten Anspruch auf Herausgabe der Nutzungen § 347 Abs. 1 BGB

Trotz des eindeutigen gesetzlichen Wortlautes gab das Landgericht Nürnberg und das Oberlandesgericht Nürnberg der Klage des Verbraucherverbandes auf Rückzahlung der von der Kundin gezahlten Nutzungsgentschädigung in erster und zweiter Instanz statt. Die Unterlassungsklage wurde abgewiesen. Mit der Revision begehrt der beklagte Versandhandel die Abweisung der Klage hinsichtlich des Zahlungsanspruches und der klagende Verbraucherverband verfolgt den Unterlassungsanspruch weiter.

Da auch der Bundesgerichtshof den Wortlaut des Gesetzestextes für eindeutig erachtet und daher für die Auslegung, welche die Vorinstanzen vorgenommen haben, keinen Platz sehe, kam es zu dem Beschluss vom 16.08.2006 – VIII ZR 200/05 – und damit zur Vorlage beim EuGH.
Durch die Vorlage der Frage der Vereinbarkeit von § 439 Abs. 4 BGB mit der Europäischen Gemeinschaftsrecht hat der EuGH nunmehr zu prüfen, ob die Vorschrift mit der Richtlinie 1999/44/ RG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 25.05.1999 zu bestimmten Apsekten des Verbrauchsgüterkaufes und der Garantien der Verbrauchsgüter in Einklang steht. Schließlich steht in deren Art. 3 Abs. 2 bis 4, dass die Herstellung des vertragsgemäßen Zustandes des Verbrauchsgutes durch Ersatzlieferung für den Verbraucher unentgeltlich sein muss. Unentgeltlichkeit dürfte dann nicht gegeben sein, wenn der Vebraucher zur Zahlung einer Nutzunsgentschädigung verpflichtet ist.
Insofern ist es am EuGH zu entscheiden, ob die Bestimmungen der oben genannten Richtlinie dahingehend auszulegen sind, dass sie der im BGB geregelten Verpflichtung des Verbrauchers, dem Verkäufer bei Ersatzlieferung eine Nutzungsentschädigung zu leisten, entgegenstehen.

Quelle: Pressemitteilung des BGH vom 16.08.2006 – VIII ZR 200/05

Hörstrup
Rechtsanwältin
Rechtsanwälte Felser

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