Der Bundesgerichtshof hat heute, am 27.4.2006 (4 StR 572/05) die Verurteilung von drei erheblich und einschlägig vorbestraften Angeklagten des Landgericht Hagen wegen einer Vielzahl von bewaffneten Raubüberfällen auf Geldinstitute, zwischen 1988 bis 2004 zu Gesamtfreiheitsstrafen von zwölf, zehn und neun Jahren bestätigt. Obwohl die Angeklagten zum Zeitpunkt der Urteilsverkündung bereits 74, 73 und 64 Jahre alt waren („Opa-Bande“) und die Strafen – so die Begründung der Angeklagten – vermutlich ihre jeweilige Restlebensdauer überschreite, so dass im Zweifel auch eine unverhältnismäßig niedrig erscheinende Strafe zu verhängen sei, damit dem Angeklagten noch einen Rest seines Lebens in Freiheit verbleibe, befand der BGH, die Strafe müsse gerechter Schuldausgleich sein. Unter Vollstreckungsgesichtspunkten müsse einem Straftäter zwar grundsätzlich eine Chance verbleiben, wieder der Freiheit teilhaftig zu werden. Es gebe jedoch keinen Rechtssatz, dass jeder Straftäter schon nach dem Maß der verhängten Strafe Gewissheit haben müsse, im Anschluss an die Strafverbüßung in die Freiheit entlassen zu werden. Insbesondere ergebe sich nicht aus dem hohen Lebensalter eines Angeklagten etwa unter Berücksichtigung statistischer Erkenntnisse zur Lebenserwartung eine Strafobergrenze.

In anderen Entscheidungen hatte der Bundesgerichtshof festgestellt, eine HIV-Infektion (U. v. 23.07.91 – 5 StR 268/91), oder eine schwere Krankheit (U. v. 29. April 1987 – 2 StR 107/87) sei regelmäßig zugunsten des Angeklagten zu berücksichtigen. Wenn seine Lebenserwartung herabgesetzt ist, bzw. treffe ihn eine Freiheitsstrafe als Eingriff in seine verbleibende Lebenszeit besonders schwer. Bei derart erhöhter Strafempfindlichkeit kann ein Ausgleich der Schuld durch eine geringere als die sonst schuldangemessene Strafe erreicht werden. Dieser Gesichtspunkt kann sowohl bei der Wahl des Strafrahmens als auch bei der konkreten Strafzumessung von Bedeutung sein. Bei einem bereits über 67 Jahre alten Angeklagten (B. v. 21. März 1990 – 4 StR 25/90), hatte der BGH noch gerügt, das erstinstanzliche Gericht habe das verhältnismäßig hohe Alter des Angeklagten und die sich daraus für ihn ergebende besondere Härte bei der Vollziehung von Freiheitsstrafe als erheblichen Milderungsgrund bei der Festsetzung der Einzelstrafen außer Betracht gelassen.

Hier habe das Landgericht Hagen jedoch alle für die Strafzumessung bestimmenden Umstände, insbesondere auch das fortgeschrittene Alter der Angeklagten, gesehen und rechtsfehlerfrei gewichtet.

s. auch BGHR StGB § 46 I Schuldausgleich 3, 7, 13, 19, 20

Guido Frings
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht
Schlegelmilch, Kremer, Frings

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