Bundes-BigBrother-Minister Wolfgang Schäuble lässt nicht locker. Jetzt soll sogar, nachdem der BGH die Durchsuchung verweigert hatte,  das Grundgesetz geändert werden. Jedenfalls, wenn es nach Schäuble geht, wie er gestern (15.05.2007) anlässlich der Vorstellung des Verfassungsschutzberichts 2006 verlauten ließ.

Man mag dem Ansatz, Terrorismus sei die „gravierendste Bedrohung für Stabilität und Sicherheit in Deutschland“ nicht widersprechen und vorbeugende Aufklärung – Prävention – tut not.
Aber heimlich den heimischen oder im Büro genutzten Datenspeicher durch Einsatz eines Spionageprogrammes „gläsern“ machen?

Es gibt Grundrechte und Verfahrensgarantien, welche selbst bei „herkömmlichen“ Hausdurchsuchungen und Telefonüberwachung (einschließlich Telefax und e-mail-Kommunikation) dem Betroffenen Rechte garantieren – Mitwirkungs- und Kontrollrechte. Und es gibt einen „privaten Rückzugsraum“, welcher verbleiben muss – unkontrolliert.

Abgesehen von der Frage nach dem Nutzen: Sensible Daten werden von Mitgliedern verfassungsfeindlicher Organisationen wohl kaum im Klartext gespeichert werden, sondern durch Tarnbegriffe verschleiert, ganz zu schweigen von heute bereits frei erhältlichen Verschlüsselungsprogrammen, welche eine zeitnahe Entschlüsselung durch die Ermittlungsbehörden unmöglich machen. Also darf doch die Frage nach dem Sinn gestattet sein?

Die Risiken – für die Bürger – hingegen sind vielfältig: In kürzester Zeit kann zugleich eine Vielzahl von Datenspeichern verschiedener Rechner online gescannt (soll heißen auf den Rechner der Ermittlungsbehörden zur späteren Auswertung) kopiert werden; Ausmaß und Dauer sind – technisch gesehen – lediglich von der Geschwindigkeit der Datenleitungen und der Speicherkapazität der Auswerte-Rechner begrenzt. Hierbei lässt sich kaum ausschließen, dass auch Daten unbeteiligter Dritter kopiert und gegebenenfalls ausgewertet werden. Nicht nur, dass hierbei unverfängliche Daten des privatesten Bereiches (unbeteiligter Dritter) den Augen der Ermittler völlig offen liegen – obwohl es sich um „Zufallsfunde“ handelt, können, ja müssen bei Hinweisen auf nicht ganz unerhebliche Straftaten getreu dem Grundsatz der Offizialmaxime (= die Ermittlungsbehörden müssen!) die Ermittlungsbehörden weitere Strafverfahren einleiten.

Ach ja – wer schützt eigentlich Unbeteiligte vor weiterer „Infizierung“ durch nicht von den Ermittlungsbehörden initiierte Weitergabe des Trojaners? Wie kann Vorsorge getroffen werden, dass solch ein unbeabsichtigt infizierter Rechner nicht „durchsucht“ wird? Probleme, welche sich im Vergleich zu herkömmlicher Durchsuchung und Telefonüberwachung gar nicht erst stellen.

Und: wird nicht die Wirksamkeit eines „Bundestrojaners“ kurzfristig durch – notfalls durch eigene Spezialisten der Terroristen erstellte – Abwehrprogramme zunichte gemacht werden.

Wolfgang, hau’ die Bremse ´rein und überdenk’ das noch mal…

Frings
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Strafrecht
SKFH – Schlegelmilch Kremer Frings Hellmig
www.skfh.eu

3 Kommentare

  1. DetlevT
    16. Mai 2007 08:28

    Zitat: „Man mag dem Ansatz, Terrorismus sei die „gravierendste Bedrohung für Stabilität und Sicherheit in Deutschland“ nicht widersprechen und vorbeugende Aufklärung – Prävention – tut not.“

    Einspruch! Dem Terrorismus-Bericht TESAT von Europol nach gab es im gesamten Jahr 2006 in der gesamten EU exakt einen(!) Anschlagsversuch mit islamistischem Hintergrund, das waren die Kofferbomben von Köln. Und selbst da konnte man dahinter keinerlei Netzwerk entdecken, weswegen auch nicht mehr wegen §129a StGB ermittelt wird. Von der realen Gefährdung her wird man in Deutschland eher vom Blitz erschlagen, als dass man bei einem Terroranschlag getötet wird. Wenn das wirklich die gravierendste Bedrohung wäre, ginge es uns echt gut.

  2. RA Frings
    16. Mai 2007 12:42

    Lieber DetlevT,

    zunächst darf ich klarstellen, dass es sich um einen Auspruch von BMI Dr. Schäuble handelt – zitiert (unter Verlinkung) auf den Artikel sz-online der Sächsischen Zeitung vom 16.05.2007.

    Auch wenn es in 2006 EU-weit insgesamt lediglich einen Versuch gegeben hat, mag ich nachvollziehen, dass – zumindest aus Sicht der um die innere Sicherheit bemühten Staatsträger – der Terrorismus eine gravierende Bedrohung darstellt. Soweit man dem folgt – oder jedenfalls nicht widerspricht – ist nach meiner Ansicht dabei auf Terrorismus insgesamt, nicht lediglich des islamistisch veranlassten Terror, abzustellen.
    Und zur Frage Bedrohung oder reale Gefährdung… tja, ich möchte da – zumindest bei diesem Thema – keine Abgrenzung vornehmen, da wir ja bislang – gottlob – von einer realen Terroraktion kollateralen Ausmasses verschont geblieben sind.

    Wobei es sicher auch andere, wichtige Probleme gibt, die es anzugehen gibt.

    Indes macht mich der von Ihnen auf Ihrer Internetpräsenz verlinkte Artikel über den bayerischen Gesetzentwurf und die dort wiedergegebene Äußerung von Bayerns Justizministerin Beate Merk sehr nachdenklich…