Die Anlieger am Rhein sind in diesem Jahr bislang von einem größeren Hochwasser verschont geblieben. An der Elbe gibt es aber gerade das zweite „Jahrhunderthochwasser“ in diesem Jahrzehnt. Was gilt, wenn Betriebe überflutet sind und deshalb die Arbeit ausfällt? Haben die betroffenen Arbeitnehmer dann Anspruch auf Lohn und Gehalt?

Brand, Hochwasser oder Explosionen – wenn Betriebe von solchen Ereignissen betroffen sind und Maschinen oder Anlagen beschädigt wurden, fällt häufig die Arbeit aus. Im Grundsatz haben Arbeitnehmer aber auch dann Anspruch auf eine Entgeltfortzahlung. So kann man die Rechtsprechung der Arbeitsgerichte zu dieser Problematik zusammenfassen. Hierzu hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) auf Basis von Paragraf 615 des Bürgerlichen Gesetzbuchs seine so genannte Betriebsrisikolehre entwickelt.

Danach hat der Arbeitgeber grundsätzlich „das Risiko der Unmöglichkeit der Arbeitsleistung aus im Betrieb liegenden Gründen zu tragen“, hat das BAG in seinem immer noch aktuellen Urteil vom 9. März 1983 entschieden (Az.: 4 AZR 301/80). Das gilt auch dann, wenn „Ursachen“ von außen auf das Unternehmen einwirken „und sich für den Arbeitgeber als ein Fall höherer Gewalt darstellen“. Das BAG nennt dabei ausdrücklich das Beispiel von Naturkatastrophen wie Überschwemmungen und Erdbeben. Der Arbeitnehmer kann in solchen Fällen deshalb seinen Lohn verlangen, ohne gearbeitet zu haben.

Dies gilt allerdings nicht, wenn bei Zahlung der vollen Löhne die Existenz des Betriebes gefährdet würden, befand das BAG bereits am 30. Mai 1963 (Az.: 5 AZR 282/62).

Soweit Firmen wegen Katastrophen ihre Mitarbeiter oder Auszubildenden nicht mehr beschäftigen können, lohnt sich in jedem Fall zunächst die Kontaktaufnahme mit der örtlichen Arbeitsagentur. In solchen Fällen können die Arbeitnehmer nämlich häufig Kurzarbeitergeld erhalten. Den Antrag hierauf kann sowohl der Arbeitgeber als auch der Betriebsrat stellen. Anspruch auf Kurzarbeitergeld besteht, wenn ein vorübergehender erheblicher Arbeitsausfall mit Entgeltausfall vorliegt. Der Ausfall kann sowohl wirtschaftliche Gründe haben als auch – so heißt es in § 170 des dritten Sozialgesetzbuchs ausdrücklich – auf „unabwendbaren Ereignissen“ beruhen. Hierzu gehören nach der einschlägigen Gesetzeskommentierung auch ungewöhnliche Witterungsverhältnisse und Hochwasser.

Das Kurzarbeitergeld beträgt bei kinderlosen Arbeitnehmern 60 Prozent des ausfallenden Nettolohns. Arbeitnehmern mit Söhnen oder Töchtern, für die sie Kindergeld bekommen, steht ein höherer Leistungssatz von 67 Prozent zu.

Wenn Arbeitnehmer allerdings aufgrund höherer Gewalt – etwa wegen Hochwasser – ihren Arbeitsplatz nicht erreichen können, gelten umgekehrte Regeln: Dann tragen die Beschäftigten das Risiko. Sie müssen dann entweder einige Urlaubstage opfern oder – falls das nicht mehr möglich ist – unbezahlten Urlaub nehmen. Einen Anspruch auf Lohnfortzahlung gibt es in diesem Fall jedenfalls nicht. Das gilt auch, wenn Arbeitnehmer wegen unvorhersehbaren Ereignissen – zum Beispiel einem Erdbeben –nicht pünktlich aus dem Urlaub zurückkehren können. In diesem Fall sollte man umgehend dem Arbeitgeber Bescheid geben. Dieser muss dann der erzwungenen Urlaubsverlängerung zustimmen.

Rolf Winkel
Sozialtext
Köln

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