Aldi in Remscheid kündigt seine stellvertretenden Filialleiterin, der vorgeworfen wird, Damenbinden im Wert von 0,59 Cent nicht bezahlt zu haben, erneut mit einer sog. Trotzkündigung. So nennt man das unsportliche „Nachtreten“ im Arbeitsverhältnis. Das Arbeitsgericht Wuppertal hatte die erste Kündigung für unwirksam erklärt, weil aufgrund der besonderen Umstände eine Absicht, nicht zu zahlen, nicht nachzuweisen sei. Aldi Remscheid hat den Betriebsrat jetzt im Rahmen der bei einer Kündigung erforderlichen Betriebsratsanhörung wegen des gleichen Vorgangs zu einer Verdachtskündigung angehört. Bei der Verdachtskündigung ist der eigentliche Kündigungsgrund das aufgrund eines Verdachts zerstörte Vertrauen. Offenbar hatte Aldi die erste Kündigung – eine fristlose Kündigung – nicht darauf gestützt, sondern eine Tatkündigung ausgesprochen und den Betriebsrat dazu angehört. Die Kündigung von Arbeitnehmern wegen angeblichem Diebstahl oder Unterschlagung von Waren oder Bons geringen Werts werden – vor dem Hintergrund fehlender Ahndungen der Schäden durch Managementfehler – jedenfalls gegenüber langjährig Beschäftigten in der Öffentlichkeit zunehmend kritisch gesehen. Der Begriff Bagatellkündigung hat sich in diesem Zusammenhang etabliert. Die neue Kündigung kann allenfalls als ordentliche, fristgerechte Kündigung ausgesprochen werden, weil die 14-Tagesfrist des § 626 Absatz 2 BGB längst verstrichen ist.  Die Frist für eine Verdachtskündigung beginnt nicht erst nach negativem Ausgang eines Arbeitsgerichtsverfahrens. Die irrige Bewertung des Kündigungssachverhaltes als erwiesene Tat hemmt die Frist nicht.

Man könnte die erneute Kündigung im Fall Aldi Remscheid eine Trotzbagatellkündigung nennen. Oder sogar eine Bagatelltrotzverdachtskündigung.

Michael W. Felser
Rechtsanwalt
Felser Rechtsanwälte und Fachanwälte
Arbeitsrecht im Rheinland

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