Das ist wohl in die Hose gegangen. Der Fall „Schiesser“, eine bekannte deutsche Textilmarke, ist ein Lehrbeispiel, was einem Betriebsrat passieren kann, der einen Interessenausgleich mit sog. Namensliste abschliesst. Unterschreibt der Betriebsrat in einem Interessenausgleich / Sozialplan eine solche Namensliste, können sich die Arbeitnehmer, die auf dieser mit dem Betriebsrat abgestimmten Liste stehen, kaum noch mit Aussicht auf Erfolg gegen die Kündigung wehren. Denn das Arbeitsgericht überprüft die Frage, ob die Kündigung betriebsbedingt war und ob die Sozialauswahl ordnungsgemäß durchgeführt wurde, nur noch auf grobe Fehler.

Im Fall Schiesser hat der Betriebsratsvorsitzende eine solche Namensliste unterschrieben.

Trotzdem hat das Arbeitsgericht in Radolfzell die Sozialauswahl im Falle einer 31 Jahre beim Schiesser beschäftigten Klägerin als grob fehlerhaft bewertet, weil Schiesser nur die Beschäftigten innerhalb einer Abteilung verglichen habe und nicht abteilungsübergreifend.

Es ist für den Arbeitgeber sicher ein hinzunehmendes Risiko, beim Arbeitsgericht zu unterliegen. Er vertritt schliesslich die Interessen des Unternehmens. Für den Betriebsrat, die gewählte Arbeitnehmervertretung, deren Unterschrift auf dem Interessenausgleich prangt, ist ein solches Urteil allerdings eine Ohrfeige. Denn er hat die Mitarbeiterin auf die Namensliste setzen lassen.

Laut Südkurier rechtfertigte sich der Betriebsratsvorsitzende gegenüber der Presse:

„Wir haben dem Sozialplan zugestimmt, nachdem wir über jeden einzelnen Mitarbeiter auf der Liste verhandelt haben. Einige Fälle konnten wir positiv lösen, dann musste aber jemand anderem gekündigt werden.“ Hätte der Betriebsrat die Verhandlungen scheitern lassen, so hätte er kaum noch Einfluss auf die Situation gehabt. „Wir wollten die Sache nicht aus der Hand geben und der Einigungsstelle überlassen. Außerdem müssen wir auch die 500 Mitarbeiter, die bleiben, im Blick behalten.“

Hätte die Personalabteilung sicher nicht besser sagen können. Der Betriebsrat hätte sich wohl besser beraten lassen können. Eine Namensliste stellt bei Einigungsstellen nämlich die absolute Ausnahme dar. Die Ergebnisse vor Einigungsstellen sind bei Betriebsänderungen meistens deutlich besser als ohne Einigungsstelle. Und die IG Metall hätte vielleicht auch einen Sozialplantarifvertrag erstreiken können, dann braucht man gar keine Einigungsstelle.

Lässt sich der Betriebsrat auf eine Namensliste ein, kommt er in die Situation, dass er nicht wie bei Auswahlrichtlinien über Regeln, sondern über einzelne Arbeitnehmer und damit über Einzelschicksale entscheidet. Er entlässt mit. Davor ist wie sich im Falle Schiesser gezeigt hat, dringend zu warnen.

Michael W. Felser
Rechtsanwalt
Felser Rechtsanwälte und Fachanwälte

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