Der Bundesgerichtshof stärkt mit einem vor wenigen Tagen veröffentlichten Urteil Opfern von Mobbing jedenfalls gegenüber ihrer Krankenversicherung den Rücken. Obwohl wegen Mobbing krankgeschrieben, verweigerte die private Krankenversicherung die Zahlung einem am Arbeitsplatz „Gemobbten“ das Krankentagegeld. Der Versicherte mußte bis zum Bundesgerichtshof klagen, um Recht zu bekommen.

Nach medizinischem Befund hatte der Kläger seine berufliche Tätigkeit so wie arbeitsvertraglich vereinbart nicht mehr ausüben können. Die behandelnden Ärzte und auch ein Gutachter der Versicherung hatten Symptome und Krankheiten – wie Rückenbeschwerden und psychische Einschränkungen (Depressionen, Panikreaktionen, ängstlich vermeidende Persönlichkeitsstörung) – festgestelllt, die auf eine Mobbingsituation an seinem früheren Arbeitsplatz zurückzuführen sei.

Der Bundesgerichtshof verurteilte die private Krankenversicherung zur Zahlung von Krankentagegeld und wies die Versicherung mit deutlichen Worten zurecht:

„c) Es handelt sich nicht, wie die Revision meint, um eine bloße „Arbeitsplatzunverträglichkeit“, wenn die zur Arbeitsunfähigkeit führende Erkrankung der versicherten Person durch Umstände an ihrem bisherigen Arbeitsplatz verursacht oder verstärkt worden ist (so aber: OLG Köln Ur-teil vom 13. Februar 2008 – 5 U 65/05, juris Rn. 21 f., durch Urteil des Senats vom heutigen Tag – IV ZR 52/08 – aufgehoben; OLG Celle VersR 2000, 1531, 1532; OLG Oldenburg Beschluss vom 15. Mai 2006 – 3 U 110/05, n.v., zitiert nach Rogler aaO unter C 2; LG Bremen NJOZ 2004, 656, 657; MünchKomm-VVG/Hütt, § 192 Rn. 151; Voit in Prölss/Martin, VVG 28. Aufl. § 1 MB/KT 2009 Rn. 2; Bach/Moser/Wilmes, Private Kran-kenversicherung 4. Aufl. § 1 MB/KT Rn. 16; Brams, VersR 2009, 744, 748 ff. m.w.N.; Muschalla/Linden, VersMed 2009, 63, 67). Vielmehr kann der Versicherte auch dann arbeitsunfähig i.S. von § 1 (3) MB/KT sein, wenn die seine Erkrankung auslösenden Umstände mit seinem bisherigen Arbeitsplatz zusammenhängen.“

„Schließlich verweist die Revision ohne Erfolg darauf, die Bewältigung einer subjektiv als Mobbingsituation empfundenen Störung des Arbeitsverhältnisses sei primär kein medizinisches, sondern ein arbeitsrechtliches Problem und mit den gebotenen arbeitsrechtlichen Möglichkeiten anzugehen. Wenn Mobbing einen Arbeitnehmer derart beeinträchtigt, dass er psychisch oder physisch erkrankt und infolgedessen arbeitsunfähig wird, kann ihm ebenso wenig wie bei anderen Krankheiten entgegengehalten werden, er müsse zunächst versuchen, die Ursache seiner Erkrankung zu beseitigen.“

Während die Arbeitsgerichte Mobbing immer noch skeptisch gegenüberstehen, scheint der Bundesgerichtshof das statistisch und durch entsprechende EU-Untersuchungen nachgewiesene Massenphänomen ernstzunehmen. Man würde sich wünschen, die Arbeitsgerichte würden sich der Problematik auch unbefangener annehmen.

Quelle: BGH, Urteil vom 9. März 2011 – IV ZR 137/10

Michael W. Felser
Rechtsanwalt

Kommentierungsfunktion ist momentan abgeschaltet.