Das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein hat mit seinem Urteil vom 29.08.2006 (gerichtliches Aktenzeichen: 6 Sa 72/06) entschieden, dass der Vergleich der betrieblichen Verhältnisse beim Arbeitgeber mit dem NS-Terrorsystem und mit den in Konzentrationslagern begangenen Verbrechen einen wichtigen Grund für den Ausspruch einer fristlosen Kündigung des Arbeitnehmers darstellen kann.

In dem entschiedenen Fall beabsichtigte die beklagte Arbeitgeberin gegenüber dem Kläger wegen des verspäteten Arbeitsantritts nach seinem Urlaub eine Abmahnung auszusprechen. Im Rahmen des Personalgesprächs sollte dem Kläger die Abmahnung ausgehändigt werden. Als er sich weigerte, die Abmahnung anzunehmen, wurde ihm die Abmahnung über den Tisch energisch zugeschoben. Daraufhin äußerte der Kläger sinngemäß: „Ist das hier ein Konzentrationslager oder was?“. Diese Äußerung nahm die Arbeitgeberin nach einem erneuten Personalgespräch zum Anlass, eine fristlose Kündigung gegenüber dem Kläger auszusprechen, obwohl der Kläger in den zweiten Personalgespräch erklärte, es nicht so gemeint zu haben.

Der Kläger hat in der ersten Instanz mit seiner Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht Neumünster obsiegt. Das LAG Schleswig-Holstein hat dieses Urteil nunmehr abgeändert und mit seinem Berufungsurteil die Kündigungsschutzklage abgewiesen.

Nach der Ansicht des Senats habe ein wichtiger Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB zum Ausspruch einer außerordentlichen fristlosen Kündigung vorgelegen. Die Äußerung des Klägers sei an sich geeignet, einen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung darzustellen.

Die Gleichsetzung der betrieblichen Verhältnisse mit den vom Nationalsozialismus geförderten Verbrechen stelle eine grobe Beleidigung der Arbeitgeberin und zugleich eine Verharmlosung des in der Zeit des Faschismus begangenen Unrechts und eine Verhöhnung seiner Opfer dar. Derartige Beleidigungen berechtigten die Arbeitgeberin grundsätzlich auch ohne eine vorherige Abmahnung zum Ausspruch einer fristlosen Kündigung.

Auch der Umstand, dass der Kläger in dem zweiten Personalgespräch erklärte, er habe es nicht so gemeint, führe zu keinem anderen Ergebnis. Der Senat sah in dieser Erklärung keine ausdrückliche Entschuldigung. Der Kläger habe gerade keinen eigenen Fehler eingeräumt, sondern vielmehr nur einen Erklärungsversuch für die Beleidigung vorgebracht.
Hartmann
Rechtsanwalt
Rechtsanwälte Felser
http://www.kuendigung.de

2 Kommentare

  1. Andreas
    5. Oktober 2006 12:10

    Und weil auch Betriebsräte betroffen sein können von einer „fristlosen Kündigung“ hier nun zwei weitere Fundstellen:
    http://37sechsblog.de/?p=816
    und
    http://37sechsblog.de/?p=89

    Schöne Grüße nach Brühl