Freistellung und Dienstwagen, Mobiltelefon, Laptop

Wenn sich der Arbeitgeber von einem Arbeitnehmer trennen will, beginnt dies nicht selten, vor allem bei Führungskräften (AT-Mitarbeitern und leitenden Angestellten), mit einer schneidigen Maßnahme, nämlich der einseitigen und sofortigen Freistellung (Suspendierung). Manche Arbeitgeber garnieren die Demonstration des „Herr im Hause“-Standpunktes gerne zusätzlich durch den Entzug der üblichen Insignien des Aufstiegs, also Dienstwagen, Smartphone und Laptop. Damit wird nicht selten eine Demütigung durch Demonstration der normativen Kraft des Faktischen beabsichtigt, ein anderes Ziel ist sicher, Druck auf den Arbeitnehmer mit dem Ziel einer schnellen Einigung herbeizuführen.

Grundsätzlich kann der Arbeitgeber Betriebsmittel wie Laptop und Smartphone zur Verfügung stellen, muss es aber nicht. Dementsprechend kann er zur Verfügung gestellte Betriebsmittel auch ohne weiteres wieder entziehen. Besonderheiten bestehen, bei Laptop und Smartphone nicht zuletzt aus Datenschutzgründen, wenn die Betriebsmittel auch privat genutzt werden durften. Arbeitnehmer, die auch zulässigerweise privat genutzte Betriebsmittel abgeben sollen, sollten den betrieblichen Datenschutzbeauftragten informieren und um Rat bitten. Das hilft meistens um die Nutzung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist sicherzustellen.

Selbst wenn die Freistellung (Suspendierung) rechtmässig ist (was regelmäßig als erstes zu überprüfen ist), ist der Entzug von Dienstfahrzeug & Co. häufig unzulässig. Nur wenn dem Arbeitnehmer der Dienstwagen (gleiches gilt für Mobiltelefon und Laptop oder Internetnutzung im Homeoffice) ausschließlich für dienstliche Zwecke zur Verfügung gestellt wurde, ist das Dienstfahrzeug mit Beginn einer (rechtmäßigen) Freistellung zurückzugeben. Ist dem Arbeitnehmer dagegen die Nutzung auch für private Zwecke erlaubt worden, handelt es sich um einen (bei Dienstwagen sogar zu versteuernden) Einkommensbestandteil und hat Entgeltcharakter. Dieser Vorteil kann durch eine Suspendierung genauso wenig entzogen werden wie andere Gehaltsbestandteile, die man als Gegenleistung für die Arbeit vereinbart hat.

Allerdings behalten sich viele Arbeitgeber den Widerruf von Zusatzleistungen im Arbeitsvertrag vor. Ganz pauschale Klauseln im Arbeitsvertrag, die dem Arbeitgeber den jederzeitigen Widerruf der Dienstwagennutzung erlauben, sind allerdings unzulässig (BAG vom 19.12.2006 – Aktenzeichen 9 AZR 294/06: („kann jederzeit die Überlassung des Fahrzeugs an den Mitarbeiter widerrufen. Der Arbeitgeber ist auch berechtigt, dem Mitarbeiter ein anderes Fahrzeug zuzuweisen. In allen diesen Fällen hat er, wenn er von der Firma hierzu aufgefordert wird, das Fahrzeug sofort zurückzugeben. Ein Zurückbehaltungsrecht an dem Fahrzeug kann er, gleichgültig aus welchen Gründen, nicht geltend machen.“).

Denkbar ist allerdings, dass bei einer der Rechtsprechung genügend genauer formulierten Arbeitsvertragsklausel, die den Anlaß zum Widerruf der Dienstwagennutzung (z.B. Freistellung nach Kündigung) näher regelt, auch ein Widerruf während der Freistellung in Betracht kommt. Denn der Arbeitgeber kann sich auch den Widerruf von Entgeltbestandteilen vorbehalten, sofern diese 25 % der Gesamtvergütung nicht übersteigen, es bedarf dann, d.h. bei einem wirksamen Widerufsvorbehalt, keiner Änderungskündigung (BAG vom 19.12.2006 – Aktenzeichen 9 AZR 294/06).

So hat das Bundesarbeitsgericht folgende Klausel für zulässig gehalten:

„§ 7 Widerrufsvorbehalte

Der Arbeitgeber behält sich vor, die Überlassung des Dienstwagens zu widerrufen, wenn und solange der Pkw für dienstliche Zwecke seitens des Arbeitnehmers nicht benötigt wird. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer nach Kündigung des Arbeitsverhältnisses von der Arbeitsleistung freigestellt wird. Im Falle der Ausübung des Widerrufs durch den Arbeitgeber ist der Arbeitnehmer nicht berechtigt, eine Nutzungsentschädigung oder Schadensersatz zu verlangen.

(…)

§ 7 des Dienstwagenvertrags, wonach sich die Beklagte vorbehalten hatte, die Überlassung des Dienstwagens zu widerrufen, wenn und solange der Pkw für dienstliche Zwecke seitens des Arbeitnehmers nicht benötigt werde, was insbesondere dann der Fall sei, wenn der Arbeitnehmer nach Kündigung des Arbeitsverhältnisses von der Arbeitsleistung freigestellt werde, ist wirksam.“

(BAG, Urteil vom 21. März 2012 – 5 AZR 651/10 –, Rn. 13, juris)

Ausserdem bedarf der Entzug des Dienstwagens bei zulässigem Widerrufsvorbehalt dann keiner Änderungskündigung, wenn der Entzug des Dienstwagens nicht mehr als 25 % des regelmäßigen Verdienstes ausmacht:

„Der Entzug der Privatnutzung des Dienstwagens bedarf keiner Änderungskündigung, wenn durch den Wegfall der privaten Nutzungsmöglichkeit das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung im Arbeitsverhältnis nicht grundlegend berührt ist. Das ist der Fall, wenn – wie hier – weniger als 25 % des regelmäßigen Verdienstes betroffen sind.“

(BAG, Urteil vom 21. März 2012 – 5 AZR 651/10 –, Rn. 19, juris)

Allerdings hat das Bundesarbeitsgericht den Entzug des Dienstwagens dann doch für unzulässig gehalten und zwar aus folgenden Gründen:

„Neben der Inhaltskontrolle der in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltenen Widerrufsklausel steht die Ausübungskontrolle im Einzelfall gemäß § 315 BGB, denn die Erklärung des Widerrufs stellt eine Bestimmung der Leistung durch den Arbeitgeber nach § 315 Abs. 1 BGB dar. Der Widerruf muss im Einzelfall billigem Ermessen entsprechen.“

(BAG, Urteil vom 21. März 2012 – 5 AZR 651/10 –, Rn. 22, juris)

Das Bundesarbeitsgericht hat den Entzug für unbillig angesehen, weil es das einzige Fahrzeug der Arbeitnehmerin war, diese die private Nutzung versteuern musste und das Unternehmen keinen billigenswerten Grund nennen konnte, warum der Dienstwagen nicht bis zum letzten Arbeitstag zur Verfügung gestellt wird.

Verlangt der Arbeitgeber zu Unrecht die vorzeitige Rückgabe vor dem Vertragsende (Ablauf der Kündigungsfrist), hat der Mitarbeiter einen Anspruch auf Ersatz des entzogenen Vorteils, wenn er diesem Verlangen nachkommt. Die Höhe des Schadensersatzanspruchs bei unberechtigtem Entzug von privat genutzten Arbeitsmitteln richtet sich beim Dienstwagen nicht nach Nutzungsausfalltabellen (Sanden/Danner/Küppersbusch), sondern nach der steuerlichen Bewertung der privaten Nutzungsmöglichkeit (vgl. § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG) mit monatlich 1 % des Listenpreises des Kraftfahrzeuges im Zeitpunkt der Erstzulassung (BAG vom 19.12.2006 – Aktenzeichen 9 AZR 294/06). Achtung: Einigen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer allerdings später – z.B. in einem Aufhebungsvertrag – auf eine „ordnungsgemäße Abrechnung“ und eine Erledigungsklausel, kann ein Schadensersatzanspruch (auch im Rahmen der ordnungsgemäßen Abrechnung) nicht mehr geltend gemacht werden (BAG vom 05.09.2002 Aktenzeichen 8 AZR 702/01).

Alternativ kann natürlich auch die rechtswidrige Herausgabe des Dienstwagens abgelehnt werden. Der Arbeitgeber kann die Herausgabe jedenfalls nicht per einstweiliger Verfügung erzwingen, der Arbeitnehmer die Rückgabe eines einmal (aber zu Unrecht) entzogenen Fahrzeugs allerdings auch nicht (Landesarbeitsgericht Köln vom 21.03.2007 Aktenzeichen 7 SaGa 3/07).

Mehr zu Freistellung und Suspendierung im Fachbeitrag:

Michael Felser, Suspendierung von Arbeitnehmern, Arbeitsrecht im Betrieb 2006, 74-82 (Volltext)

Aktueller Blogbeitrag (2014)

Dienstwagen und Kündigung: Entzug nur gegen Entschädigung möglich

 

Michael W. Felser
Rechtsanwalt
Felser Rechtsanwälte und Fachanwälte

Der Autor wird als Arbeitsrechtsexperte im WDR und von Bild.de regelmäßig interviewt und zitiert. Daneben wird Rechtsanwalt Felser in Beiträgen u.a. in der Süddeutschen Zeitung, Frankfurter Allgemeinen Zeitung F.A.Z, WELT, Capital, Focus und Spiegel/Managermagazin sowie zahlreichen anderen Zeitschriften zitiert.

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