Wie die Zeitschrift Capital im letzten Heft berichtet, drohen Unternehmen, die Mitarbeitern eine betriebliche Altersversorgung mit sog. „gezillmerten Versicherungen“ gewährt haben, aufgrund eines Urteils des ArbG Stuttgart Schadensersatzforderungen.

Für Mitarbeiter ist es ärgerlich, wenn Sie eine gehaltsumwandelnde Versicherung abschliessen und bei einem Arbeitgeberwechsel feststellen müssen, dass die Mitnahme oder Kündigung nicht so einfach ist und häufig mit erheblichen Verlusten einhergeht. Darüber müsse der Arbeitgeber die Mitarbeiter informieren, sonst hafte er für die Folgen, befand das Arbeitsgericht Stuttgart (Urteil vom 17.01.2005 – Aktenzeichen 19 Ca 3152/04). Die massgeblichen Urteilsgründe lauten kurz und knapp:
„Die zulässige Klage ist begründet. Der Kläger kann von der Beklagten verlangen, dass er so gestellt wird, wie er stünde, wenn die Beklagte im Hinblick auf die zum Zwecke der Rückdeckung seiner Versorgungsansprüche abgeschlossene Kapitallebensversicherung einen Tarif ohne Stornoabschlag abgeschlossen hätte. Mit dem Abschluss eines „gezillmerten“ Tarifs mit Stornoabschlag ohne vorherige Information des Klägers hierüber, hat die Beklagte die sich aus dem Arbeitsvertrag der Parteien ergebende Fürsorgepflicht verletzt. Sie schuldet dem Kläger mithin Schadensersatz in der begehrten und rechnerisch unstreitigen Höhe.

Der Beklagten ist ohne Weiteres darin zuzustimmen, dass der Arbeitgeber, der seinen Beschäftigten eine betriebliche Altersversorgung gewähren will, einen weiten Entscheidungsspielraum im Hinblick auf die Ausgestaltung der Versorgungsleistung besitzt. Im Rahmen der den Arbeitsvertragsparteien zukommenden arbeitsvertraglichen Fürsorgepflicht ist er jedoch gehalten, auf die berechtigten Interessen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen und die von diesem in den Betrieb eingebrachten Rechtsgüter wie Leben, Gesundheit, Vermögen und Eigentum zu schützen.

Es bedarf keiner näheren Begründung, dass die Wahl eines „gezillmerten“ Tarifs ebenso wie die Vereinbarung eines Stornoabschlags dem Arbeitnehmer finanzielle Nachteile mit sich bringen kann. Insbesondere im Falle eines relativ frühen Arbeitgeberwechsels kann die vom Arbeitgeber gewählte Tarifform dazu führen, dass der vom Arbeitnehmer eingebrachte Prämienanteil nur noch zu einem geringen Teil oder überhaupt nicht mehr zur Auszahlung kommt, wenn die zur Rückdeckung abgeschlossene Kapitallebensversicherung nicht fortgeführt wird.

Im Hinblick auf den dem Arbeitnehmer insoweit möglicherweise entstehenden Schaden, gebietet es die arbeitsvertragliche Fürsorgepflicht des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer jedenfalls im Falle der Entgeltumwandlung vor Abschluss der Entgeltumwandlungsvereinbarung über das Risiko, das mit dem von ihm gewählten Versicherungstarif verbunden ist, zu informieren, damit dieser den möglicherweise entstehenden Schaden kalkulieren und ggf. von einer Entgeltumwandlung Abstand nehmen kann.

Dieser ihr zukommenden Hinweispflicht ist die Beklagte nicht nachgekommen. Die von ihr vorgebrachte Behauptung, der Kläger sei als ihr ehemaliger Personalleiter von Anfang an über die gewählten Tarife informiert gewesen, erscheint angesichts des Umstandes, dass über die Art und den Zeitpunkt der Information des Klägers vor Abschluss der Entgeltumwandlungsvereinbarung kein substanziierter Vortrag gehalten wurde, bloße Spekulation.

Auch das Landgericht Stuttgart (Aktenzeichen 20 O 541/04: die Schwaben sind halt sparsam) hatte sich mit der Thematik beschäftigt und Stornoklauseln der Allianz Versicherung, die hohe „Strafgebühren“ für Einfrieren oder Kündigung vorsahen, für unwirksam erklärt.

Folien des Versicherungswissenschaftlers Prof. Schwintowski erläutern die Problematik näher.

Michael Felser
Rechtsanwalt
Rechtsanwälte Felser

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