Dienstaltersstufen: Besoldung nach Lebensalter stellt Altersdiskriminierung dar

so entschied zu den bei Landesbeamten und Kommunalbeamten üblichen Dienstaltersstufen nach dem Verwaltungsgericht Halle nun auch das Verwaltungsgericht Frankfurt (Urteil vom 20.8.2012 Aktenzeichen 9 K 1175/11.F). Die Entscheidungen des VG Frankfurt und des VG Halle werden jüngeren Beamten und Richtern eine erhebliche Gehaltserhöhung bescheren, wenn die höheren Instanzen , was wahrscheinlich ist, die Entscheidungen bestätigen.

Auch in NRW werden die Landesbeamten und Kommunalbeamten noch nach Dienstalter besoldet. Es existieren 12 Stufen, die Differenz zwischen der niedrigsten und der höchsten kann fast 1500 Euro monatlich ausmachen (in der BesGr. A 14), bei Richtern (R1 und R2) sogar ca. 2200 Euro (in R 1) bzw. 1900 Euro (in R 2).

>>> Selbst ausrechnen in den Besoldungstabellen 2012 (A und R)

Nach Ansicht des VG Frankfurt stellten die Dienstaltersstufen, die Grundlage für die Festsetzung der Besoldungshöhe sind, zwar anders als früher bei den Angestellten im öffentlichen Dienst nicht unmittelbar auf das Lebensalter ab, seien jedoch im Ergebnis ebenfalls als altersdiskriminierend und damit europarechtswidrig anzusehen. Von der Möglichkeit, Besoldungsstufen im Einzelfall leistungsbezogen zu verkürzen, werde in der Praxis kaum Gebrauch gemacht, so dass im Ergebnis ähnlich wie beim BAT das jeweilige Lebensalter bzw. ein starrer Zeitablauf zur Grundlage für die Höhe der Bezahlung der Beamten sei und nicht eine an der beruflichen Erfahrung orientierte Einstufung. Das stufte das VG Frankfurt als altersdiskriminierend ein.

Aktenzeichen: 9 K 1175/11.F, 9 K 5034/11. F, 9 K 5036/11.F und 9 K 8/12.F (noch nicht rechtskräftig), zur Pressemitteilung des VG Frankfurt

Schon das VG Halle vom 28.09.2011  Aktenzeichen 5 A 64/10 (u.a.) hatte entschieden, daß die Besoldung nach Dienstaltersstufen eine Altersdiskriminierung darstelle, die nur durch die Besoldung nach der höchsten Stufe beseitigt werden könne.

Nach den Urteilen der Verwaltungsgerichte müssen alle Beamten um die Ungleichbehandlung zu beseitigen, nach der höchsten Dienstaltersstufe besoldet werden. Für junge Richter lohnt sich die Geltendmachung am meisten.

Andere Verwaltungsgerichte entschieden dagegen, dass die Dienstaltersstufen nicht altersdiskriminierend sind:

VG Lüneburg vom 15.02.2012 Aktenzeichen 1 A 106/10; VG Chemnitz vom 03.02.2011 Aktenzeichen 3 K 613/10.

Es spricht allerdings viel dafür, daß das BVerwG oder der EuGH der die Regelungen, die sich im wesentlichen auf das Dienstalter und nicht Erfahrung stützen (wie in § 27 BBesG, auch bei Landes- und Kommunalbeamten in NRW), diskriminierend sind. Das VG Frankfurt hat bereits einmal (Urlaubsabgeltung für Beamte) bis vor dem EuGH Recht behalten, das VG Chemnitz vertritt eher die traditionsbewußte Linie. Die Entscheidungen des VG Lüneburg und des VG Chemnitz befassen sich zudem nicht mit der Entscheidung  des BAG vom 10.11.2011 (6 AZR 481/09), das zum BAT entschieden hatte, dass ein Verstoß gegen das Verbot der Altersdiskriminierung nur durch eine Anpassung „nach oben“ beseitigt werden kann.

Das Urteil gilt für die Bundesländer, in denen sich die Besoldung der Beamten und Richter nach wie vor nach dem Besoldungsdienstalter (§ 27 BBesG) richtet.

Was Beamte und Richter tun sollten: Einstufung in die höchste Besoldungsstufe beantragen, bei zu erwartendem ablehnenden Bescheid Widerspruch einlegen.

Am 31.12.2013 verjähren die Nachzahlungsansprüche aus dem Jahr 2010.

Aktueller Beitrag aus unserem Blog zum Thema Dienstaltersstufen für Beamte in NRW >>>

Michael W. Felser
Rechtsanwalt
Brühl und Köln

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