Die E-Mails bringen es an den Tag, immer öfter. Auch in Arbeitsgerichtsprozessen. Deshalb konnte das Landesarbeitsgericht Köln “kurzen Prozess” machen und die Arbeitnehmereigenschaft (”Scheinselbständigkeit“) eines angeblich freien Beraters alleine auf der Grundlage entsprechender Korrespondenz annehmen. Verraten hatte die tatsächliche Durchführung des Vertragsverhältnisses eine Serie von E-Mails, in denen das angebliche Auftraggeber dem “Berater” dezidierte Anweisungen gab und Vorhaltungen machte.

Dabei war der Kläger auf der Grundlage eines mit dem 08.01.2005 datierten rechtlich einwandfreien Dienstvertrags bis zum 31.07.2006 für die Beklagte als freiberuflicher Berater tätig. In dem Dienstvertrag /Beratervertrag heißt es u. a.:

“§ 1 Gegenstand der Tätigkeit: Gegenstand der Tätigkeit ist ausschließlich die Beratung des Auftraggebers – sofern erforderlich vor Ort – zur Optimierung der Betriebsabläufe der Betriebsstätte T in A. Die Gestaltung der Beratung liegt im freien Ermessen des Vertragspartners; eine Weisungsbefugnis seitens der TE besteht nicht.

§ 2 Arbeitszeit: Der Vertragspartner verpflichtet sich, der TE pro Woche 45 Beratungsstunden in einem von ihm festzulegenden Verhältnis zu erteilen. Die zeitliche Einteilung der Stunden obliegt ihm selbständig.

§ 3 Ort der Tätigkeit: Ort der Tätigkeit aus diesem Vertragsverhältnis ist ausnahmslos die multifunktionale Freizeitanlage der TE . Einsätze in anderen Anlagen der Gesellschaft bedürfen der ausdrücklichen Zustimmung des Vertragspartners.

§ 4 Vertretung: Der Vertragspartner ist berechtigt, sich anderer seiner Qualifikation entsprechender Personen zu bedienen, um den Vertrag mit der TE zu erfüllen.

§ 5 Honorar: Der Vertragspartner erhält bis ein Beratungshonorar in Höhe von € 3.800,- monatlich. Das Honorar wird monatlich nach Erstellung einer Rechnung durch den Vertragspartner bis zum 10. Werktag des Folgemonats an diesen überwiesen. (…)”

Ein von der Geschäftsführung der Beklagten unterzeichnetes und mit der Überschrift “Vertrauliche Zusatzvereinbarung” versehenes Schreiben vom 25.01.2005 lautet wie folgt:

“Herr XY erhält im Rahmen seines Dienstverhältnisses mit der TE im Kalenderjahr einen Anspruch auf 4 Wochen bezahlten Urlaub sowie 4 Wochen Lohnfortzahlung im Krankheitsfall (jeweils bezogen auf eine 5-Tage-Woche).”

Für seine Tätigkeiten erstellte der Kläger sowohl der Beklagten als auch der Firma S G in Ü Rechnungen, in denen jeweils 16 % MWSt. ausgewiesen sind.

Dem Landesarbeitsgericht lagen zahlreiche E-Mails vor, in denen dezidierte Weisungen dem angeblich freien Berater erteilt wurden. Das reichte dem Berufungsgericht, um die vertraglichen Absprachen aus dem Beratervertrag zu widerlegen, die für eine freie Mitarbeit sprachen. Massgeblich ist nach der Rechtsprechung nämlich die tatsächliche Durchführung.

Da spielt es keine Rolle, dass das Landesarbeitsgericht zu Unrecht auch die Vereinbarung von Urlaub im Beratervertrag als Indiz für die Arbeitnehmereigenschaft genommen hat. Denn in § 2 BUrlG ist – auch bei Arbeitsgerichten weitgehend unbekannt – geregelt, dass auch freie Mitarbeiter Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub haben (JuracityBlog berichtete).

Quelle: LAG Köln vom 12.07.2007 – Aktenzeichen 11 Ta 165/07

Michael W. Felser
Rechtsanwalt
Felser Rechtsanwälte und Fachanwälte
Brühl und Bonn

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