Die 6 größten Rechtsirrtümer zur Erbengemeinschaft – Serie Erbrecht

Seit Juni stellen wir an dieser Stelle in einer monatlichen Serie die größten Rechtsirrtümer im Erbrecht vor. Im Juni berichteten wir über die 19 größten Rechtsirrtümer zum Testament, die hier noch einmal nachgelesen werden können. Im Juli informierten wir über die 9 größten Rechtsirrtümer zum Pflichtteil, die hier veröffentlicht sind. Im August räumten wir mit den 13 größten Rechtsirrtümern zum Nachlass auf, die hier noch einmal nachgelesen werden können. Im September wandten wir uns den 3 größten Rechtsirrtümern zum Testamentsvollstrecker zu, die hier veröffentlicht sind. Im letzten Teil der Serie werfen wir heute einen Blick auf die 6 größten Rechtsirrtümer zur Erbengemeinschaft.

1. Innerhalb einer Erbengemeinschaft muss eine Auseinandersetzung nur erfolgen, wenn alle Beteiligten zustimmen.

Das ist falsch. Jeder der Erben kann jederzeit die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft verlangen. Sind sich die Erben einig, wie der Nachlass verteilt werden soll, gibt es keine Probleme. Bei Streitigkeiten kommt es zur sogenannten Teilungsversteigerung bei Immobilien. Bei beweglichen Nachlassgegenständen muss ein Pfandverkauf durchgeführt werden. Wenn der Nachlass versilbert ist, muss eine Erbteilungsklage vor Gericht durchgeführt werden, bei der auf die Zustimmung zu einem konkreten Teilungsplan geklagt wird.

2. Jeder der Erben kann über Nachlassgegenstände verfügen.

Das stimmt ebenfalls nicht. Miterben können grundsätzlich nur „gesamthänderisch“, also einstimmig, über Nachlassgegenstände verfügen. Sie haben also nicht Eigentum oder Miteigentum an einem besonderen Nachlassgegenstand.

3. Die Miterben einer Erbengemeinschaft müssen den Nachlass gemeinsam verwalten, so dass immer ein einstimmiger Beschluss aller Miterben herbeigeführt werden muss.

Das ist nicht richtig. Bei Maßnahmen der sog. ordnungsgemäßen Verwaltung entscheiden die Miterben mit Stimmenmehrheit. Das Stimmrecht richtet sich nach der Höhe der Erbquote.
Ist aber die Substanz des Nachlasses in Gefahr, so kann auch ein einzelner Miterbe zur Abwendung dieser Gefahr Maßnahmen ergreifen, um die Substanz des Nachlasses zu erhalten (sogenanntes „Notverwaltungsrecht“).  Beispiel: Das Dach der Immobilie ist kaputt und muss zeitnah repariert werden. Er kann dann von den Miterben Ersatz seiner Aufwendungen verlangen.
Bei außerordentlichen Verwaltungsmaßnahmen (z.B. Luxussanierung eines Badezimmers) muss ein einstimmiger Beschluss aller Miterben vorliegen.

4. Alle Miterben einer Erbengemeinschaft haften zu gleichen Teilen für Schulden des Erblassers.

Das stimmt so allgemein nicht. Ein Gläubiger kann einen einzelnen Miterben als Gesamtschuldner in Anspruch nehmen. Hat der Miterbe die Forderung bezahlt, so kann er Ausgleich von den anderen Erben gemäß Höhe ihrer Erbquoten verlangen. Jeder Miterbe haftet im Innenverhältnis der Miterben untereinander in Höhe der Erbquote für Nachlassverbindlichkeiten.

5. Ein Gläubiger des Erblassers kann jederzeit von einem Miterben der Erbengemeinschaft die Zahlung seiner Forderung verlangen.

Das ist so nicht richtig. Es gibt die sog. Einrede des ungeteilten Nachlasses. Ein Miterbe muss daher vor der Auseinandersetzung der Miterbengemeinschaft für die Forderung eines Gläubigers nicht mit seinem Privatvermögen haften. Der Gläubiger kann ihn nur mit dem Nachlassvermögen in Anspruch nehmen.

6. Der Erbe muss ein Vermächtnis immer erfüllen.

Das stimmt so nicht. Bei einem Vermächtnis handelt es sich um einen Anspruch, den der Vermächtnisnehmer gegen den Erben geltend machen muss. Fordert der Vermächtnisnehmer das Vermächtnis nicht ein, so verjährt der Anspruch auf das Vermächtnis in 3 Jahren, bei Grundstücksvermächtnissen in 10 Jahren. Nach Ablauf der Verjährungsfrist muss der Erbe das Vermächtnis nicht mehr erfüllen.

Wenn Sie erkannt haben, dass auch Sie einen oder mehrere der 6 Rechtsirrtümer zur Erbengemeinschaft geglaubt haben, erkennen Sie, wie wichtig es ist, sich rechtzeitig und qualifiziert beraten zu lassen. Der teuerste Rat ist der schlechte Rat. Gleich dahinter kommt der fehlende Rat. Das Motto unserer Kanzlei findet sich über dem alten Rathaus in Brühl:

Das Motto unserer Kanzlei findet sich über dem alten Rathaus in Brühl:

„Halte Rat vor der Tat“

Diesem klugen Satz ist aus anwaltlicher Sicht nichts hinzuzufügen.

Eva Gerz
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Familienrecht
Fachanwältin für Erbrecht
Zertifizierte Testamentsvollstreckerin (DVEV)

Felser Rechtsanwälte und Fachanwälte
Brühl – Köln – Bonn

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