Das Erbrecht des Ehegatten

Das Erbrecht des Ehegatten ist mit vielfältigen Fragestellungen verknüpft, insbesondere auch im Falle der Trennung und Scheidung der Ehegatten. Nachfolgend sollen einige wichtige Aspekte erläutert werden.

Gesetzliches Erbrecht

Das gesetzliche Erbrecht des Ehegatten ist abhängig von dem jeweiligen Güterstand, §§ 1931, 1371 BGB, und auch davon, neben welchen anderen Angehörigen der Ehegatte Miterbe wird. Der praktisch bedeutsamste Fall ist, dass der Ehegatte neben Kindern gesetzlicher Miterbe wird. Bei der Zugewinngemeinschaft erbt der Ehegatte neben Kindern insgesamt ½ Anteil, der sich zusammensetzt aus dem gesetzlichen Erbteil von ¼ zuzüglich einer pauschalen Erhöhung um ein weiteres ¼ als Zugewinnausgleich. Bei der Gütergemeinschaft erbt der Ehegatte neben Kindern immer ¼. Bei der Gütertrennung erbt der Ehegatte neben einem Kind ½, neben 2 Kindern 1/3 und neben 3 oder mehr Kindern ¼.

Sind keine Kinder als Miterben neben dem Ehegatten des Erblassers vorhanden, sondern die Großeltern, Eltern, Geschwister oder Nichten/Neffen des Erblassers, ist die Erbquote des Erblassers höher: Bei der Zugewinngemeinschaft erbt der Ehegatte insgesamt ¾, bei der Gütertrennung erbt der Ehegatten mit ½ Anteil und bei der Gütergemeinschaft ebenfalls mit ½ Anteil.

Gesetzliches Vermächtnis, der sog. „Voraus“

Als gesetzliches Vermächtnis zu Gunsten des Ehegatten ist in § 1932 BGB der sog. „Voraus“ geregelt. Der Ehegatte als gesetzlicher Miterbe erhält die zum ehelichen Hausstand gehörenden Gegenstände und die Hochzeitsgeschenke. Sind allerdings neben dem Ehegatten Erben der 1. Ordnung vorhanden (Kinder, Enkel), dann erhält der Ehegatte die Gegenstände nur, soweit er die Gegenstände zur Führung eines angemessenen Haushalts braucht. Neben Erben der entfernteren Ordnungen erhält der Ehegatte diese Gegenstände ohne die Einschränkung der Notwendigkeit zur Führung eines angemessenen Haushalts.

Ausschlagung der Erbschaft bei Zugewinngemeinschaft

In gewissen Fällen kann es für den Ehegatten, der neben anderen Erben Miterbe wird, sinnvoll sein, die Erbschaft nach dem Tod des Ehepartners auszuschlagen. Nach § 1371 Absatz 3 BGB kann, wenn die Ehegatten im Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt haben, der überlebende Ehegatte die Erbschaft ausschlagen und stattdessen den sog. „kleinen“ Pflichtteil in Höhe einer Quote von 1/8 des Nachlasswerts sowie zusätzlich Zugewinnausgleich geltend machen.

Hat der verstorbene Ehegatte in der Ehe einen hohen Zugewinn erzielt, der überlebende Ehegatte jedoch nicht, oder einen geringen Zugewinn, so ergibt sich für den überlebenden Ehegatten ein erheblicher Zugewinnausgleichsanspruch. Diesen kann er im Falle der Ausschlagung der Erbschaft geltend machen zuzüglich des „kleinen“ Pflichtteils. Der Zugewinnausgleich plus Pflichtteil kann unter dem Strich einen höheren Betrag ergeben als die Erbquote des Ehegatten hergeben würde, wenn er die Erbschaft annehmen würde.

Es lohnt sich daher, sich in derartigen Konstellationen durch einen Fachanwalt für Erbrecht beraten zu lassen, ob die Ausschlagung der Erbschaft zu einem wirtschaftlich günstigeren Ergebnis führt als die Annahme der Erbschaft.

Ehegattenerbrecht bei Trennung und Scheidung

Der Ehegatte verliert sein Erbrecht nicht durch die Trennung. Trotz einer Trennung besteht das Erbrecht fort, so dass im Falle des Todes eines Ehegatten der getrenntlebende Ehegatte erbt.

Wenn diese Folge im Falle der Trennung  nicht gewollt ist, muss gehandelt werden. Der Ehegatte kann beispielsweise ein eigenes Testament errichten, mit dem er den getrenntlebenden Ehegatten enterbt. Allerdings hat die Enterbung zur Folge, dass im Falle des Todes dem überlebenden Ehegatten ein Pflichtteilsanspruch gegen den Erben des Verstorbenen zusteht.

Die getrenntlebenden Ehegatten haben auch die Möglichkeit, durch einen notariellen Erbverzichtsvertrag das gegenseitige Ehegattenerbrecht auszuschließen. Im Falle eines Erbverzichtsvertrags entfällt auch ein Pflichtteilsanspruch des überlebenden Ehegatten.

Im Falle der Trennung sollte auch bedacht werden, dass bestehende Einzeltestamente, gemeinschaftliche Ehegattentestamente oder Erbverträge durch die Trennung nicht unwirksam werden. Auch hier besteht daher Handlungsbedarf: Einzeltestamente können widerrufen bzw. aufgehoben werden. Bei einem gemeinschaftlichen Testament ist es komplizierter, da zwischen sog. wechselbezüglichen (z.B. die gegenseitige Erbeinsetzung der Ehegatten) Regelungen im Testament und sog. einseitigen Regelungen zu unterscheiden ist. Einseitige Regelungen können frei widerrufen werden, während die sog wechselbezüglichen Verfügungen nur durch eine notariell beurkundete Widerrufserklärung, die dem anderen Ehegatten förmlich zugestellt werden muss, beseitigt werden können. Bei einem Erbvertrag können einseitige Regelungen wiederrufen werden. Für bindende Regelungen in einem Erbvertrag kommt ein Rücktritt in Betracht, wenn das Rücktrittsrecht in dem Erbvertrag vorbehalten wurde. Eine Rücktrittserklärung muss notariell beurkundet werden und dem anderen Ehegatten förmlich zugestellt werden. Auch eine Anfechtung des Erbvertrags kommt in Betracht, um diesen zu beseitigen.

Wenn die getrenntlebenden Ehegatten sich einig sind, können sie einvernehmlich sowohl gemeinschaftliche Testamente aufheben als auch einen Erbvertrag. Die Aufhebung eines Erbvertrags erfordert aber grundsätzlich die notarielle Beurkundung des Aufhebungsvertrags.

Besonderheiten, die zum Erlöschen des gesetzlichen Ehegattenerbrechts sowie auch zur Unwirksamkeit von Testamenten und Erbverträgen führen, bestehen in Falle eines gerichtlichen Scheidungsverfahrens.

Das gesetzliche Ehegattenerbrecht erlischt nach § 1933 BGB, wenn der Erblasser, d.h. der verstorbene Ehegatte, bereits einen Scheidungsantrag bei Gericht eingereicht hat und dieser an den anderen Ehegatten auch schon zugestellt worden ist. Zusätzlich müssen zum Zeitpunkt des Todes die Scheidungsvoraussetzungen vorgelegen haben, d.h. die Zerrüttung/das Scheitern der Ehe.

Ebenfalls erlischt das gesetzliche Erbrecht, wenn der andere Ehegatte bereits einen Scheidungsantrag bei Gericht eingereicht hatte und dieser dem Erblasser zugestellt worden ist, und der Erblasser der Scheidung bereits zugestimmt hat.

Wenn der Erblasser die Scheidung bereits beantragt oder ihr zugestimmt hatte, und die Scheidungsvoraussetzungen vorlagen, führt dies in der Regel auch zur Unwirksamkeit von Einzeltestamenten, gemeinschaftlichen Testamenten und Erbverträgen ( §§ 2077 BGB, 2268 BGB, 2279 BGB).

Eva Gerz
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Familienrecht
Fachanwältin für Erbrecht
Zertifizierte Testamentsvollstreckerin (DVEV)

Felser Rechtsanwälte und Fachanwälte
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